Bald-Bundespräsident Steinmeier: Das devote Sensibelchen

 Frog1(Markus Wehner, Der Empfindliche, FAS, 20.11.2016, 3)

(Michael Paulwitz, Berliner Wagenburg, Junge Freiheit, 18.11.2016, 1)

(Christine Lemke-Matwey, Wie Ostberlin kurz nach der Wende, Zeit, 17.11.2016, 54)

Markus Wehner schreibt in der FAS über Politbarometer-Liebling, Noch-Außenminister und Bald-Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier:

„Steinmeier ist ein empfindlicher Mann, überempfindlich, sagen manche.“ (Wehner)

Das allein wäre ja nicht so tragisch. Doch er sei und wirkt auch reichlich bieder-behäbig:

„Zum zweiten Mal wurde er [Steinmeier] Merkels Außenminister. Seitdem bereist er in höchstem Tempo alle Krisenherde der Welt und alle nicht so krisenhaften Länder auch. Jeder Tag ist pickepackevoll mit Terminen. [Superstar? Batman?] Steinmeier rettet die Welt. [Doch:] Nochmals vier Jahre könne er das keinesfalls durchhalten, sagen Vertraute. […] Selten sagt Steinmeier dabei etwas, was überrascht und länger im Gedächtnis bleibt. [!!…] Aber seiner Beliebtheit kann die ruhige, etwas langweilige Art nichts anhaben, im Gegenteil. Steinmeier wird gerade deswegen gemocht.“ (Wehner; im Original keine Hervorhebung)

Beste Voraussetzungen also, um Pastor Gauck als Bundespräsidenten abzulösen. Und auch in punkto Schleimscheißerei zählt er zum Spitzenpersonal unserer Regierung. Michael Paulwitz‘ Kommentar zur Kür dieses Spitzenmanns liest sich diesbezüglich denn auch nicht eben schmeichelhaft:

„Die Kanzlerin und CDU-Chefin handelt sich Absage um Absage ein und findet keinen Kandidaten aus dem eigenen Stall, der von anderen mitgetragen würde“, so dass ihr zuletzt nichts anderes übrig blieb, als den von „SPD-Chef Gabriel […] anmaßend als „Wunschkandidaten“ des Volkes“ Bezeichneten als schon jetzt feststehenden „Sieger auf den Schild zu heben“. (Paulwitz; im Original keine Hervorhebung)

Über den Herrn Kandidaten selbst schreibt Paulwitz:

Ein farbloser Apparatschik mit bescheidener Bilanz, dessen Freude über die ihm zugeschanzte schöne Pfründe zum Karriereausklang wahrscheinlich sogar echt ist […] Er [Steinmeier] wolle weiter „unbequeme Dinge sagen“, versichert der von Politik und Medien als „integer“ und „erfahren“ Umschmeichelte brav – als hätte er das schon jemals in seiner Karriere getan.“ (Paulwitz; im Original keine Hervorhebung)

Beispiel: Das Einknicken gegenüber Despoten Erdoğan – vom Auswärtigen Amt am liebsten in aller Stille vollzogen, auf dass die (je Vorgang uneingeweihte) Öffentlichkeit kaum etwas mitbekommen möge und an Steinmeiers Image nicht gekratzt werden kann:

„Der Türkei, die den Völkermord [an den Armeniern] bis heute leugnet, missfiel das kleine Projekt [das Konzertprojekt Aghet – Ağıt] so sehr, dass sie im April aus dem beteiligten EU-Förderprogramm ausstieg und außerdem dafür sorgte, dass das für den 13. November im deutschen Generalkonsulat in Istanbul vereinbarte Gastspiel kurzfristig abgesagt wurde“: und das, obwohl Aghet / Ağıt auch „vom deutschen Auswärtigen Amt unterstützt“ wird!!

Dieses diplomatisch-unwürdige feige Verhalten, diese Schande versteckten die Gutmenschen der Zeit in ihrem Feuilleton, während im Politikteil gern Steinmeiers mutiges Eintreten für die Freiheit gefeiert wird. Auch das: Ein Stück Lügenpresse

Christine Lemke-Matwey fühlt sich angesichts dieser Kulturpolitik sogar an 1915 erinnert. Auch damals wussten

„die Deutschen […] um die Deportationen der Armenier, unternahmen aber nichts, da man die Türkei im Weltkriegsgeschehen »noch sehr brauchen« würde, wie Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg sich ausdrückte“. (Lemke-Matwey; im Original keine Hervorhebung)

In so einer Notlage sieht sich Merkel derzeit wohl auch: Gegen ihre „Politik des fortgesetzten Rechtsbruchs“ (Paulwitz) – sprich: die unkontrollierte Flutung Deutschlands mit hunderttausenden Flüchtlingen – scheint ihr und ihrer Regierungsmannschaft nur ein Ausweg möglich: Der Deal mit Erdoğan – zu welchem Preis auch immer. Da sind sich Merkel und Steinmeier einig: Hoch lebe der neue Bundespräsident! Der Bückling, Beweihräucher der Kanzlerin!

Wie sagt Paulwitz über unser Establishment so schön:

„einen Bundespräsidenten, der – wenn er schon keine Exekutivgewalt hat – wenigstens die Fehlentwicklungen beim Namen nennen und dem Politikbetrieb die Leviten lesen würde, lässt die politische Klasse, die dafür die Verantwortung trägt, nicht mehr zu.“ (Paulwitz)

Da macht das Durchregieren doch Freude: Lang lebe die Alternativlosigkeit!

Frog4