ttt warnt vor Islamisierung

Joachim Gaertner, Islamismus auf dem Bildungsweg, ttt, 17.1.2021

In seinem am 17.1.2021 in der Sendung ttt ausgestrahlten Beitrag stellt Joachim Gaertner fest:

„Es gibt einen europäischen Jihadismus. Doch wie sich die Täter radikalisieren, wie ihre Ideologie verbreitet wird, wie gezielt auch mitten in Deutschland fundamentalistische Institutionen aufgebaut werden – darüber ist in der Öffentlichkeit kaum etwas bekannt.“

Gaertner will dies ändern, also aufklären.

Um die Wege der Indoktrination aufzuzeigen, führte er Experten-Interviews, von denen zwei in seinen Video-Beitrag integriert sind.

I
Expertenmeinungen
1. Hugo Micheron, Terrorismusforscher an der Princeton University
Micheron behauptet:

„Ich habe viele Interviews mit Jihadisten im Gefängnis geführt und war sehr überrascht, dass das Wichtigste für sie Bildung und Erziehung von Kindern ist.“

„Für sie ist das die Zukunft. Sie sagen: Wir waren ein paar Dutzend in den 90er Jahren, wir sind heute 6.000 in Europa. Wenn wir in zehn Jahren 100.000 sind, werden wir siegen.“

2. Heiko Heinisch, Islamismusforscher

Ziel der Islamisten ist also die Machtübernahme durch tausendfache Nachwuchsrekrutierung/-züchtung von klein auf. Als Mittel dienen Radikalisierungszentren, deren Aufbau von unserem Dhimmi-Staat zumindest toleriert, zum Teil sogar mit Steuergeldern bewusst gefördert wird,

wie Heinisch überzeugt ist:

„Es ist nicht nur so, dass deutsche Stellen, staatliche Institutionen, Politiker, mit diesen Organisationen zusammenarbeiten“

„Einige dieser Organisationen werden auch jährlich mit Millionenbeträgen vom deutschen Staat, vom deutschen Steuerzahler gefördert.“

Gaertner geht in seinem Beitrag auf zwei dieser von der Regierung auf Länder- wie auf Bundesebene tolerierten Unterwanderungsbewegungen ein.

II

Islamistische Organisationen in der EU und auf deutschem Boden

  1. Ditib

Die Organisation, die wie keine andere bislang die deutsche Gesellschaft unterwanderte und mit Billigung der Regierung auch weiterhin unterwandern darf und soll (!), ist Ditib.

„Die größte Moschee Deutschlands, die neue Zentralmoschee in Köln, wird, so wie 900 weitere Moscheen in Deutschland, vom Verband Ditib betrieben. Ditib untersteht direkt dem türkischen Ministerpräsidenten Erdoğan und seiner islamistischen Agenda. Sie unterläuft das deutsche Bildungssystem, denn ihre Imame werden in der Türkei ausgebildet und sind Beamte des türkischen Staates. Erdoğan selbst eröffnete die Moschee. Die deutsche Zivilgesellschaft blieb ausgeschlossen. Ditib arbeitet mit dem türkischen Geheimdienst zusammen.

In de[re]n Koranschulen lernen die Kinder etwas ganz Anderes als an öffentlichen Schulen, mussten sogar türkisch-nationalistische Kriegsszenen nachspielen. Dennoch hält die Bundesregierung an einer Zusammenarbeit mit Ditib fest.“ (im Original kein Fettdruck)

Was ist der deutsche Staat doch für ein schwächlich-jämmerliches Waschlappen-Gebilde, der einen Potentaten und Antidemokraten mit nicht-deutschem Pass nebst seiner ihm hörigen Entourage von Primitivlingen ermächtigt, auf einem diesem fremden: dem deutschen Hoheitsgebiet ungeniert türkische Politik zu treiben, und das heißt anti-demokratische, also gegen die Verfassung des deutschen Staates und der deutschen Bevölkerung gerichtete Politik!

2. Muslimbruderschaft in der EU

Eine weitere der durch deutsche Stellen genehmigten Bildungsanstalten (Plural!) ist das Europäische Institut für Humanwissenschaften in Frankfurt. Gaertner merkt hierzu an:

„Tatsächlich bauen Islamisten ein ganzes Bildungssystem auf. Von Koranschulen über Kulturvereine bis zu Universitäten. Meist unter wohlklingenden Namen wie das „Europäische Institut für Humanwissenschaften“ in Frankfurt. Nach Erkenntnissen des hessischen Verfassungsschutzes eine Kaderschmiede der international tätigen Muslimbruderschaft. Ihr Ziel ist die Errichtung eines Gottesstaates. Sie liefert den ideologischen Hintergrund für militante Islamisten, auch für den Mord an Samuel Paty.“ (im Original kein Fettdruck)

Für Heinisch steht fest, dass der Aufruf zum Mord an Paty aus der Muslimbruderschaft heraus initiiert wurde:

„Die Kampagne gegen ihn wurde nicht von Salafisten, nicht von Jihadisten initiiert. Sie wurde von Personen aus dem Umfeld der Muslimbruderschaft initiiert“.

„Der legalistische Islamismus startet die Kampagnen, arbeitet mit dem Wort, benennt quasi das Ziel, das es zu attackieren gilt. Und irgendein Jihadist greift dann eben zur Waffe und attackiert dieses Ziel tatsächlich gewaltsam.“

3. Muslimbruderschaft in Deutschland

Doch die Muslimbruderschaft ist nicht nur im französischsprachigen Europa, sondern auch in Deutschland aktiv. — Der sich ahnungslos stellenden Bundesregierung ist also Mittäterschaft an der Ermordung Patys vorzuwerfen! —
Besonders lehrreich: Laut Gaertner ist die Muslimbruderschaft ausgerechnet in den neuen Bundesländern aktiv, die von Merkel & Co. doch so gern — pauschal — als Neonazi-durseucht diffamiert werden:

„In den letzten Jahren waren die Muslimbrüder besonders im Osten Deutschlands, in Sachsen aktiv. Hier – wo bis vor fünf Jahren kaum Muslime gelebt haben – baute die sogenannte „Sächsische Begegnungsstätte“ gezielt Bildungszentren auf, in denen ein extremistischer Islam gelehrt wird.“

Gemäß des Spruchs Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich völlig ungeniert genießen die Islamisten in diesen Gemeinden Narrenfreiheit. Denn wo sich alles auf die Beobachtung der und den Kampf gegen die Neonazi-Szene konzentriert, können sich andere Biotope (Krebsgeschwüren gleich) wohlgemut und unbehelligt etablieren und wuchern und sich ggf. auch noch bei den Dhimmi-Gutmenschen als Opfer inszenieren:

Die Sachsen: Sind doch alle verkappte Rechte, alle Neonazi-Sympathisanten, die den friedfertigen Islam unterdrücken. Pfui Teufel!

Islamisten also sind die Profiteure der wert-indifferenten deutschen Dhimmi-Gesellschaft, die einerseits sich aus ihrem Holocaust-Trauma heraus instinktiv gegen alles, was rechts ist oder sein könnte lautstark (medienwirksam: verbal!) distanziert und andererseits vor Minderheitenansprüchen kuscht und sich wegduckt. Die Islamisten nutzen und verstärken nur den Trend. Gaertner:

„Das Ziel der Islamisten ist immer, die Gesellschaft zu spalten, autonome muslimische Communities zu schaffen.“

III

Deutschland, einig Dhimmi-Land

Gerade schon vor-polarisierte Gemeinden — sei es, dass ihnen Gespaltenheit lediglich (erst) unterstellt wird, oder dass sie tatsächlich (bereits) gespalten sind — sind also für weitere Spaltung empfänglich. In einigen unserer europäischen Nachbarstaaten ist dies in fortgeschrittenem Stadium schon zu besichtigen.

Heinisch:

„Das lässt sich in manchen Ländern – Frankreich, Belgien, Großbritannien – bereits beobachten.“

„Es gibt dann tatsächlich Parallelgesellschaften, abgeschottete Gebiete, in denen mehrheitlich Muslime leben, in denen nach islamischen Regeln gelebt wird, quasi die Scharia Gültigkeit besitzt.“

Also, Freunde, was Deutschland wahrlich und wahrhaftig braucht: das ist ein wunderschöner, anarchisch wilder Multikulti-Garten!! Ein Paradies –:

unter dem Diktat des Islamismus! Hurra!

Denen, die das nicht wollen — falls es die doch gibt —, sei ins Gedächtnis gerufen: In § 92 Strafgesetzbuch heißt es unter Abs. 3, S. 2:

„Bestrebungen gegen die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland [sind] solche Bestrebungen, deren Träger darauf hinarbeiten, die äußere oder innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen.“

Letzteres, siehe Beispiele in Gaertners Beitrag, ist die Agenda von Merkel & Co. Und die einzige Partei (im Bundestag), die dagegen opponiert, ist die AfD. Und folglich gilt es, die mundtot zu machen: auf dass es niemanden mehr gebe, der Merkel & Co auch nur zu attackieren wage!

 

IV

Relativierung der Kritik

Doch Gaertner ist kein Revoluzzer (höchstens ein ganz klein bisschen). Und auch den Islam findet er, ganz Dhimmi, der er ist, gar nie nicht problematisch. Und um das auch allen Zuschauern und Lesern ja einzuhämmern, kommt zum guten Schluss — wie könnte es denn anders sein — die Aussage, die in einem Gutmenschen-Beitrag in einer Gutmenschen-Sendung in einem Gutmenschen-Programm… auf keinen Fall fehlen darf. Gaertner:

„Rechte Propagandisten missbrauchen die Gewalttaten, um Stimmung gegen die Millionen hier lebender, friedliebender Muslime zu machen. Diese Spaltung ist ganz im Sinne der Islamisten. Man bekämpft sie am ehesten, indem man die fundamentalistischen Einrichtungen enttarnt, ihre Strategie offenlegt und indem man die muslimischen Deutschen darin bestärkt, einen gemäßigten Islam zu leben. Einen Islam, der die strikte Trennung von Religion und Staat bedingungslos anerkennt.“ (im Original kein Fettdruck)

Dass es einen solchen Islam nicht gibt und gar nie nicht geben kann, weil dies dem Islam grundsätzlich widerspricht, ficht Gaertner freilich nicht an.

Er will ja nur den Saul geben

und dabei höchstens ein klein bisschen wider den Stachel löcken…

(Luther; Lukas-Evangelium, 26, 14)

 

Islamkritik in der Kulturzeit

Nina M. Brunner im Gespräch mit Ebrahim Afsah über den Anschlag in Wien, Kulturzeit, 3.11.2020

Nina M. Brunner im Gespräch mit Hamed Abdel-Samad über „Aus Liebe zu Deutschland“, Kulturzeit, 3.11.2020

Viele Fragen an die Behörden, Tagesschau, 4.11.2020

Anlässlich des Terroranschlags in Wien am 2. November 2020 — begangen von einem 20-jährigen IS-Sympathisanten mit Doppelstaatsangehörigkeit (Österreich und Nordmazedonien), der frühzeitig aus der Haft entlassen wurde, „weil der Mann an einem Deradikalisierungsprogramm teilgenommen hatte“ — strahlte die Kulturzeit am Tag danach zwei Gespräche, geführt von Nina M. Brunner, aus, um diesen Anschlag aus übergeordneter Perspektive zu reflektieren.

  • Gespräch 1 mit Ebrahim Afsah, Professor für Rechtswesen und Ethik im Islam an der Universität Wien;
  • Gespräch 2 mit Hamed Abdel-Samad, Schriftsteller

Beide schildern die in Österreich bzw. Deutschland vorherrschende Dhimmi-Kultur: Afsah aus seiner Sicht als Professor an der Uni Wien, Abdel-Samad aus seiner Erfahrung als Islamkritiker in Deutschland.

Beide Gespräche sind ungekürzt widergegeben. Entscheidende Passagen sind fett gedruckt.

Gespräch 1

B. Bis gestern war Österreich ja nicht direkt vom dschihadistischen Terror betroffen. Gibt es Ihrer Meinung nach eine Begründung dafür, dass Wien jetzt in den Fokus gerückt ist, die über die Biografie des Täters hinausgeht?

 

A. Ich glaube nicht. Ich glaube nicht, dass Österreich irgendetwas getan oder unterlassen hat, was diese Anschläge provoziert haben könnte. Das sind Anschläge, die in dem weiteren europäischen Kontext zu sehen sind und in diesem weiteren Kulturkampf, den wir seit spätestens den dänischen Karikaturen Mitte der 2000er Jahre sehen.

 

B. In diesen weiteren Kontext zählt jetzt ja auch der aktuelle Streit zwischen dem türkischen Präsidenten Erdoğan und seinem französischen Amtskollegen Macron. Wie hat denn diese Debatte die muslimische Gemeinschaft in Österreich beeinflusst?

 

A. Es ist wichtig, meiner Meinung nach, hervorzuheben: wir haben uns ein bisschen auf Erdoğan eingeschossen, aber sehr viele muslimische Staatsoberhäupter, zum Beispiel auch der als moderat geltende König von Marokko, der König von Jordanien oder der Emir von Kuwait haben sich sehr sehr ähnlich wie Herr Erdoğan dazu geäußert. Das ist also eine breiter angelegte Kampagne und fällt eben in diesen Kulturkampfkontext, den ich angesprochen habe. Es ist also kein Erdoğan-Problem.

 

B. Der von der Polizei gestern erschossene Attentäter, der war den Behörden ja offenbar länger schon bekannt, radikalisierte sich, das wusste man. Welche Versäumnisse sind denn da der österreichischen Justiz und dem Staatsschutz zuzuschreiben?

 

A. Wissen Sie, es ist einfach, in einer Situation wie jetzt nach schnellen Schuldigen zu suchen. Ich glaube, den Verfassungsstaat, den wir haben, also die Rechtsordnung und eben auch die Strafrechtsordnung, die wir haben, gibt eben nur ein bestimmtes Maß an Maßnahmen her. Und ob die nun hier ausgereizt worden sind oder nicht, maße ich mir nicht an zu bemessen; aber ähnliche Fälle können immer wieder passieren. Ich glaube nicht, dass man diese Anschläge den Strafverfolgungsbehörden zumessen kann. Es ist eben auch ein relativ großer Sumpf, aus dem solche Leute kommen. Er ist, ich will nicht sagen unerschöpflich, aber ist zumindest sehr sehr groß. Ich glaube nicht, dass man alle diese Leute überprüfen kann.

 

B. Immer fordert die Politik nach solchen Attentaten ganz schnell irgendwie hartes Durchgreifen. Was halten Sie denn von solchen Parolen, die natürlich kommen, auch heute in Österreich?

 

A. Es sind eben Parolen, wie Sie sagen. Man vergisst immer wieder, dass das ein lang anhaltender Kulturkampf ist, in dem die westliche Lebensordnung sich selbstbewusst verteidigen muss, und zwar nicht nur verteidigen im Sinne von Maßnahmen, die es trifft, sondern indem es eben auch seine Lebensart selbstbewusst, stolz vertritt und dementsprechend auch ein Anpassen an diese Lebensart einfordert. Ich unterrichte ja nun, wie gesagt, einen Haufen muslimischer Studenten, und ich hab‘s mit der organisierten islamischen Vertretung hier in Österreich zu tun; und ich muss einfach sagen, dass dort im ganz normalen täglichen Leben mit ganz normalen sogenannten moderaten Muslimen eklatante Probleme liegen. Und das sind keine Probleme, die wir mit dem Strafrecht lösen. Das sind auch keine Probleme, die jetzt immer im Nachgang eines jeweiligen Anschlags lösen können. Da müssen wir uns als Gesellschaft einfach ein etwas längeres Gedächtnis zulegen.

 

B. Sie sagen eklatante Probleme. Da möchte ich jetzt kurz, zum Schluss einmal nachfassen. Was heißt das denn für Sie als Professor mit einem Lehrstuhl? Heißt das, sie zensieren sich teilweise schon selbst?

 

A. Also es ist offensichtlich, dass die Universität mich zensiert, zum Beispiel, ich bin eingestellt worden, um sogenannte Islamlehrer, die Unterricht ausüben sollen, irgendwann später sogenannte Imame, unter anderem auszubilden in islamischem Recht. Die Glaubensgemeinschaft hat das, massiv dagegen protestiert. Und darauf hat eben die Universität der Glaubensgemeinschaft, noch bevor ich kam, zugesichert: Macht euch keine Sorgen, der Typ wird nur Juristen unterrichten, eure muslimischen Kinder werden von einem Rechtgeleiteten unterrichtet werden. Das ist natürlich ein Problem. Und wenn Sie solche Zugeständnisse machen, brauchen Sie sich nicht zu wundern, dass dann mehr Forderungen kommen, und die sind jetzt in meiner speziellen Vita immer wieder gekommen. Es wurde immer wieder nachgegeben.

2. Gespräch

B. Bevor wir auf Ihr Buch [Aus Liebe zu Deutschland. Ein Warnruf] und Deutschland zu sprechen kommen, noch mal ein Reflex betreffend Österreich. Man weiß noch nicht allzu viel, aber der Attentäter war den Behörden offenbar bekannt als Sympathisant vom sogenannten IS. Was sagt Ihnen dieser Fall?

 

A.-S. Ich sage, ich als Islamkritiker und viele andere Islamkritiker müssen ja ihre Bewegungsfreiheit beschränken. Die leben in Angst. Wir leben unter Polizeischutz. Ich wechsle meine Wohnung alle drei, vier Monate, aber ein Gefährder, ein Salafist, ein Islamist können sich frei bewegen und sogar auch Menschen umbringen. Irgendetwas läuft schief in diesem Land, in diesem Kontinent. Europa ist dabei, seine Werte aufzugeben zugunsten von einem komischen Verständnis von Toleranz. Die westliche Zivilisation scheint aus der Mode gekommen zu sein für westliche Intellektuelle und westliche Politiker. Man will Minderheiten schützen. Das ist nobel. Man will Muslime nicht vor den Kopf stoßen. Das ist auch nobel. Aber im Namen dieser falsch verstandenen Toleranz lässt man zu, dass die Intoleranten ihre Infrastrukturen aufbauen, dass sie unsere Werte verachten und uns auch ihre Werte aufzwingen. Sie bestimmen, wer Mohammed zeichnet oder nicht. Sie bestimmen, was geschrieben wird oder nicht. Und ich höre seit dem elften September nur die gleichen Sonntagsreden: Wir dürfen die Intoleranten nicht mit Intoleranz, nicht begegnen. Wir kämpfen mit aller Vehemenz gegen Terrorismus. Aber ich sehe keine Strategie, keine Konzepte. Ich sehe, dass man versucht hat, sogar Islamisten ins Boot zu holen: türkische Organisationen, Erdoğan-Anhänger. Und am Ende hat man aber nicht erreicht, dass wir den Terrorismus bekämpfen, sondern Islamismus stärken. Mit dieser falsch verstandenen Toleranz haben wir nicht Minderheiten geschützt, sondern eher Islamisten gestärkt, Rechtsradikale gestärkt und die Demokratie geschwächt.

 

B. In Ihrem Buch gehen Sie ja konkret auf Deutschland ein. Sie schreiben: Eine unsichere Identität lädt diejenigen, die neu dazukommen, nicht zu Integration und Teilhabe ein. Was fehlt denn gerade Deutschland für eine gefestigte Identität?

 

A.-S. Vor allem Selbstbewusstsein. Ich sehe Schuldkult, Schuldbewusstsein, aber kein Selbstbewusstsein. Eine auf Schuld basierende Identität lädt weder Deutsche noch Migranten dazu ein, diese Identität zu umarmen, im Gegenteil. Das ist eine Identität, die abstoßend wirkt. Man muss an seine eigenen Werte wirklich glauben. Man muss diese Werte auch artikulieren. Und auch wenn Migranten kommen und sagen, das sind unsere Werte, und jeder, der zu uns kommt, muss sich daran halten. Wir zeichnen Propheten, Päpste und Politiker. Wir ziehen jeden durch den Kakao. Aber irgendwie wissen wir nicht, was wir von Migranten verlangen können. Wir wissen mittlerweile, was wir ihnen anbieten können: Sprachkurse, Integrationskurse und so weiter. Aber wir wissen nicht, was wir von ihnen verlangen können, sondern wir haben Integrationsangebote, aber keine Integrationsgebote. Wir haben keine Sanktionsmöglichkeiten. Jeder kann bei uns machen, was er will. Und sie lachen über uns mittlerweile, weil sie haben den Eindruck, wir sind schwach, wir nehmen unsere Werte nicht ernst. Und ich sehe, dass wir nicht so entschlossen für unsere Werte eintreten wie die Islamisten für ihre schlechten Werte.

 

B. Sie bemängeln ja auch ganz konkret in Deutschland eine Diskursverengung auf der politischen Linken einerseits und eine apolitische Besitzstandwahrung der bürgerlichen Mitte andererseits. Inwiefern unterscheidet sich Deutschland von anderen westlichen Demokratien? Denn diese Phänomene der Polarisierung, die gibt‘s ja überall.

 

A.-S. Die Phänomene der Polarisierung gibt‘s überall, aber jedes Land muss seine Konzepte selbst entwickeln, und ich hab dieses Buch zu Deutschland geschrieben, an die deutsche bürgerliche Mitte auch gerichtet. Es kann nicht sein, dass alle Themen und Diskurse in Deutschland von den Rändern bestimmt werden, sei es, wenn wir über die Corona-Krise sprechen, über Islamismus, über Rassismus. Und es kann nicht sein, dass bei jeder Debatte alles emotional aufgeladen wird, dass kaum eine sachliche Debatte möglich ist. Es kann nicht sein, dass Erdoğan zum Beispiel mehr Einfluss auf Deutschland hat als umgekehrt. Es kann nicht sein, dass wir nicht imstande sind, den Islam und Europa zu modernisieren, und stattdessen wird Europa vom Islam islamisiert. Das geht überhaupt nicht. Wir müssen Kante zeigen. Wir müssen diese Engführung des Begriffs Toleranz ändern. Wir müssen das verändern, wie wir über Toleranz und Islamismus denken. Wir haben die Aufklärung zugunsten einer falsch verstandenen Toleranz aufgegeben, zugunsten von Multikultki und Ethnofetischismus. Das geht nicht. Deutschland muss wieder zeigen, was dieses Land ausmacht. Wir sind gerne ein offenes Land, aber wir müssen auch Grenzen zeigen und auch Sanktionen gegenüber Islamisten, aber auch, natürlich, Rechtsradikalen auch zeigen. Aber das Land ist gerade irgendwie so lasch. Die bürgerliche Mitte zieht sich in Komfortzonen, in intellektuelle und emotionale Komfortzonen, und die Ränder wachsen und bestimmen die Themen. So schwächt sich die Demokratie selbst. So schwächt sich die westliche Zivilisation selbst. Und der Islamismus ist nicht die größte Gefahr für die westliche Zivilisation und auch für Deutschland, sondern dass diese Zivilisation, diese Kultur sich selbst aufgibt.

Ernst nehmen muss man/frau die geäußerte Kritik in beiden Statements freilich nicht: Sind sie doch nur das Geschwätz von Islamophoben, denen — ausnahmsweise: anlässlich des real stattgefundenen Terrors — mal ein wenig Raum für ihre kruden Ansichten im Diskurs zugestanden werden musste —

Ach sind wir doch tolerant und generös, wir Kulturzeitler —

Refugees welcome? – Im alten Griechenland mitnichten!

Da unsere Politiker uns, den von ihnen ach so fürsorglich Regierten, ja immer mal wieder und stets aufs Neue — in Wiederkehr des ewig Gleichen — einreden wollen, dass ihre Politik eine echt europäische sei, die auf dem zu bewahrenden einzigen und wahren griechisch-jüdischen Erbe fuße, ist es leider nötig, die Machenschaften dieser Herren und Damen an Ungebildetheit bzw. bewusster Irreführung und Desinformation immer mal wieder clare et distincte zu benennen.

Dies betrifft u.a. die Migrationspolitik. So wird behauptet, Flüchtlinge nicht-europäischen Ursprungs aufzunehmen sei ein Gebot europäischer Humanität und zudem für Europa von Vorteil: Flüchtlinge seien eine Bereicherung.

Betrachtet man/frau jedoch die Migration im alten Griechenland rein faktisch, so fällt auf:

  1. Migration ist expansionspolitisch motiviert und veranlasst. Migration fand statt, wenn ein Stadtstaat es nicht mehr vermochte, die in ihm Lebenden ausreichend mit Nahrungsmitteln zu versorgen. In diesem Fall wurde ein Expeditionsteam mit dem Auftrag zusammengestellt, eine neue Stadt zu gründen, durch sie die Erstbesiedlung sicherzustellen und nachhaltig über Generationen zu verankern. So kam es dazu, dass überall um das Mittelmeer und das Schwarze Meer herum griechische Siedlungen/Stadtstaaten entstanden als Ausgründungen ihrer jeweiligen Mutterstadt.
  2. In Stadtstaaten lebten kaum Barbaren. — Als Barbar wurde bezeichnet, wer nicht Griechisch sprach. — Selbst Sklaven waren in der Regel keine Barbaren. Die griechischen Stadtstaaten führten (sehr) häufig Krieg gegeneinander, aber selten gegen nicht-griechische Mächte wie z.B. die Perser. Dementsprechend gab es keine Gefangene/Sklaven, die Barbaren waren.
  3. Griechen aus anderen Stadtstaaten wurden als Fremde bezeichnet. Fremden wurde Aufenthalt nur gewährt, wenn sie für die aufnehmende Stadt eine nachgefragte Leistung erbrachten, z.B. als Händler oder Gesandte. Ein Bleiberecht über längere Zeit (meist befristet auf wenige Jahre) erhielten sie nur, wenn sie einer Arbeit nachgingen und Aufenthaltssteuer zahlten.
  4. Wurde Tempel-Asyl, von wem auch immer, in Anspruch genommen, so bedeutete dies, sofern der Tempel/heilige Bezirk nicht (widerrechtlich) gestürmt wurde, für den Asylanten den Hungertod…

Zusammengefasst:

Migration bedeutete im alten Griechenland STETS Auswanderung, NIE Einwanderung!

In den griechischen Stadtstaaten lebten (fast) keine Barbaren. Auch Fremde wurden nur geduldet, wenn sie eine für die Stadt wichtige (zusätzliche) Leistung erbrachten. Weder Barbaren noch Fremde wurden in eine Stadtgemeinschaft aufgenommen. Die eingesessenen Städter wollten unter sich sein. Die Stadtverfassung legte restriktiv fest, wer sich zu den Städtern rechnen durfte; nur als Einheimische anerkannte erwachsene Männer hatten politische Rechte. Eine Integration von Barbaren und Fremden war nicht erwünscht, fand daher nicht statt und war auch nicht nötig. Eine Einwanderung IN bestehende Stadtstaaten aus humanitären Gründen war nicht vorgesehen.

Beispiele für Ein-Fremder-sein:

  • Im Gegensatz zu Platon war Aristoteles kein Athener. Er war als Fremder in Athen nur geduldet. Wenn es daher in Athen zu politischen Krisen kam, verließ er die Stadt und kehrte erst zurück, nachdem sich die Lage beruhigt hatte und ihm als Nicht-Athener keine Gefahr mehr drohte.
  • In seinen Dialogen spricht Platon Nicht-Athener, die sich in Athen aufhalten, als Fremde bzw. im Dialog Die Gesetze, der auf Kreta spielt, den Gesprächspartner aus dem fernen Athen als „Fremden aus Athen“ an.

Nachwirkung:

Nach der Gründung der Republik Türkei kamen Griechenland und die Türkei überein, die in Griechenland lebenden Türken (mit Ausnahme Thrakien) in die Türkei und vice versa die in der Türkei lebenden Griechen (mit Ausnahme Konstantinopel/Istanbul) nach Griechenland auszusiedeln. Die Griechen mussten so ihre einstigen (noch verbliebenen) Kolonien/Stadtstaat-Ausgründungen aufgeben.

Im Gegensatz zu den in die Türkei umgesiedelten Türken (als Individuen) gründeten die Griechen ihre in der Türkei aufgegebenen Städte und Dörfer in Griechenland neu. Beispiel: Die Stadt Νέα Πέραμος, Neu-Peramos, wurde 1922 von Flüchtlingen aus (Alt-)Peramos von der Südküste des Marmarameers auf griechischem Staatsgebiet, in der Nähe von Kavala, gegründet. Hieraus ist zu ersehen, dass/wie die einstigen (alt-)griechischen Kolonien über Jahrhunderte hinweg ihr Zusammengehörigkeitsgefühl/Unter-sich-sein bewahrten. (Andere Griechen sind für sie Fremde; Nicht-Griechen Barbaren.)

Das heißt nicht, dass die aus der Türkei nach Griechenland zurückgesiedelten Griechen Revanchisten sind. Im Gegenteil: Sie fühlen sich in der Regel ihrer türkischen Heimat nach wie vor verbunden. So freuen sich die, die noch (halbwegs) Türkisch können über türkische Besucher, um mit ihnen Türkisch zu sprechen und zu singen…

Ein ξένος, Fremder zu sein schließt nicht a priori aus, als φίλος, (Gast-)Freund angesehen zu werden/ein (Gast-)Freund zu sein…

Was heißt radikal? – unter Beug auf Heidegger…

Martin Heidegger, Nietzsche, Erster Band, Klett-Cotta-Ausgabe, Stuttgart, 82020 (zitiert als I)

Martin Heidegger, Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis), Klostermann-Gesamtausgabe Bd. 65, Frankfurt a. M. 42014 (zitiert nach Abschn.)

Laura Beck, Change the World – Junge Weltretter, ttt, 4.10.2020

I

Das Wort radikal ist griechisch-römischen Ursprungs. Es geht zurück auf das griechische Wort ῥάδιξ, das im Lateinischen radix heißt – wobei im Schriftbild lediglich die griechischen durch lateinische Buchstaben ersetzt wurden. Im Deutschen sagen wir Rettich für eine Pflanze, die nur ein (einziges) Radix, eine Wurzelknolle, ist. Im Englischen heißt Rettich radish; im Französischen radis. In solch Sprachverwandtschaft kann man/frau unschwer unsere gemeinsame europäische Kultur des Pflanzens als in griechisch-römischem Erb-Boden gedeihend erkennen.

Auf Neugriechisch heißt radikal übrigens ριζικό, in lateinischen Buchstaben geschrieben Risiko (mit Betonung auf o) – ein Wort, das ebenfalls auf Altgriechisch ῥάδιξ zurückgeht. Alles Radikale wäre demnach Risiko behaftet. Und weiter: der Risikogesellschaft (Ulrich Beck), in der wir leben (weil wir uns nicht nur natürlichen, sondern auch selbst-geschaffenen Risiken aussetzen), wäre ein Bezug zur Radikalität immanent. Eine noch nicht gestellte Frage…

II

in seinem zweiten Hauptwerk „Beiträge zur Philosophie (vom Ereignis)“ zeigt Heidegger, warum Philosophie einen neuen, völlig anderen Anfang braucht. Aus seiner radikal neuen Perspektive, dass die abendländische Philosophie in die Seinsverlassenheit (die „der Grund der Seinsvergessenheit“ ist) geführt habe, (Abschn. 55, S. 114) plädiert er für einen Neuanfang, wobei dieser Neuanfang radikal anders sein müsse (um eine neue Geschichte, anders als die bisherige, begründen zu können). Die von der Metaphysik geprägte Philosophie von den Vorsokratikern bis heute sei zu verlassen. 2.500 Jahre abendländische Geistesgeschichte seien in der Philosophie Nietzsches, im Nihilismus, zu ihrem Ende gekommen,

„einzig durch Nietzsche [sei…] das Ende der abendländischen Metaphysik“ vollzogen worden. (Abschn. 85, S. 174) Es gelte „Nietzsche als das Ende der abendländischen Metaphysik [zu] begreifen“ (Abschn. 89, S. 176)

und zwar als Nihilismus:

„Nihilismus heißt: Die obersten Werte entwerten sich.“ (I, S. 23) – Für Heidegger ist der Nihilismus Nietzsches Resultat dessen, „was Nietzsche selbst früh als seine Aufgabe erkannte: der Umkehrung des Platonismus.“ (Abschn. 90, S. 182) –

Und da keine „geschichtliche Bewegung […] aus der Geschichte herausspringen und schlechthin von vorne anfangen“ kann, (eb.) braucht es „die neuen Philosophen“, die „nach Nietzsche [als] Versuchende“, nicht als (All-)Wissende!, „die obersten Werte setzen“. (I, S. 23)

In den 30er Jahren, in den Jahren des wachsenden, immer mächtiger werdenden und sich durchsetzenden Hitlerregimes erkannte/sagte er ex post, dass sein Werk „Sein und Zeit“ (veröffentlicht 1927) noch auf der Grundlage und im Fahrwasser der (alten) Philosophietradition geschrieben wurde und daher zwar radikal, aber nicht radikal genug für die anstehende/ausstehende, komplett neue Blickbahn gewesen sei. –

Übrigens kritisiert er in seinen „“Beiträgen“, seinem zweiten Hauptwerk, u.a. die nationalsozialistische Ideologie hinsichtlich der ihr zentralen Aspekte des Völkischen und des RiesenhaftTotalen pointiert scharf.

„der eigentliche Nihilismus ist: man will sich die Ziel-losigkeit nicht eingestehen. Und deshalb »hat« man plötzlich wieder »Ziele« und sei es nur, daß, was allenfalls ein Mittel für die Zielaufrichtung und Verfolgung sein kann, selbst zum Ziel hinaufgesteigert wird: das Volk z.B. Und deshalb ist eben da, wo man wieder Ziele zu haben glaubt, wo man wieder »glücklich« ist, wo man dazu übergeht, die bisher den »Meisten« verschlossenen »Kulturgüter« (Sinus und Seebadereisen) allem »Volke« gleichmäßig zugänglich zu machen, eben da, in dieser lärmenden »Erlebnis«-Trunkenboldigkeit, ist der größte Nihilismus“. (Abschn. 72, S. 139)

Das Hitlertum sieht er als Teil eines überkommenen-altmodischen, nicht zukunftsorientierten Denkens. Heideggers (freilich nur in der Abgeschiedenheit seiner Berghütte, etc. vorgetragener) „Punk“ basiert auf Nietzsches Nihilismus. Selbst der Nihilismus unserer Punk-Generationen (ab Mitte der siebziger Jahre) ist nur eine Nachwirkung der von Heidegger konstatierten Machenschaften in unseren Gesellschaften.

III

Als die Perser 480 v. Chr. Athen eroberten, verbrannten sie die Akropolis. Doch schon einige Tage später begann der dort mitverbrannte Olivenbaum – den dem Mythos zufolge die Göttin Athene den Athenern als Geschenk vermacht hatte – neue Blätter zu treiben. Das heißt: (Selbst verbrannte) Pflanzen können sich regenerieren. Will man/frau eine Pflanze radikal zerstören, so muss man/frau sie vollständig ausgraben und vor allem ihre Wurzeln (lat. radices) zerstören. Denn Pflanzen beginnen zu leben, indem sie Wurzeln bilden (lat. radices agere). Solange die Wurzeln einer Pflanze leben, lebt sie weiter. Sogar Zähne leben so lange, wie ihre Wurzeln da sind. –

Hierzu zwei Aspekte aus Heideggers Philosophie nach Sein und Zeit:

      • Zum einen: die Wurzelmetaphorik im Streit Erde vs. Welt unter Bezug auf das Verstehen:

Das „Verstehen [ist] als Entwurf ein geworfener […] gewurzelt in der Erde, aufragend in eine Welt.“ (Abschn. 138, S. 259)

Begriffe, die nicht entsprechend gegründet werden, nennt Heidegger folglich ‚entwurzelte Begriffe‘. So sind für ihn

„Erörterungen über essentia und existentia […] ein leeres Geschiebe entwurzelter Begriffe.“ (Abschn. 150, S. 272)

      • Zum andern: Heidegger betrachtet Zeit als etwas, das im Zeit-Raum stattfindet. Doch im Gegensatz zu Einstein verbleibt für ihn das Gefüge von Raum und Zeit unter dem Primat der Zeit; er verräumlicht die Zeit, aber er verzeitigt nicht (bzw. nur andeutungsweise) den Raum:

Das „Durchdenken der Zeit bringt sie in der Bezogenheit auf das Da des Da-seins mit der Räumlichkeit des Da-seins und somit mit dem Raum in wesentlichen Bezug […] Aber Zeit und Raum sind hier, an der gewöhnlichen Vorstellung von ihnen gemessen, ursprünglicher und vollends der Zeit-Raum, der keine Verkoppelung, sondern das ursprünglichere ihrer Zusammengehörigkeit.“ (Abschn. 95, S. 189)

und

„Die Zeit als entrückende-eröffnende ist in sich […] zugleich einräumend, sie schafft »Raum«. Dieser ist nicht gleichen Wesens mit ihr, aber ihr zugehörig, wie sie ihm.

Raum muss aber auch hier ursprünglich als Räumung begriffen sein (wie sich diese in der Räumlichkeit des Da-seins anzeigen, aber nicht voll ursprünglich begreifen läßt).“ (Abschn. 98, S. 192)

IV

in der aktuellen Politik sieht man/frau einen derart radikalen Ansatz in der Bewegung „Fridays for Future“. Es begann unspektakulär mit Protesten eines einzelnen kleinen, unscheinbaren, schüchternen Schulmädchens namens Greta Thunberg irgendwo in Europa. In wenigen Wochen erwuchs daraus eine weltweite Bewegung. Und noch immer eint all die Protestierenden einzig die ursprünglich nur von einer Einzelnen vorgetragene Forderung nach einem radikalen Wechsel der Klimapolitik. Sie alle haben ein gemeinsames Ziel. Doch wie es erreicht werden könnte, wissen sie nicht. Die Umsetzung ihrer Forderung in Politik sehen sie nicht als ihre Aufgabe an. Wohl aber das Engagement in konkretem Handeln wie z.B. Müllbeseitigung, und Entwicklung technischer Lösungen (siehe ttt-Beitrag von Laura Beck). –

Auch Heidegger stellt eine radikale Forderung. Er sieht es als nötig an, dass die Philosophie neu anfange. Der wesentliche Grund hierfür sei die „Seinsverlassenheit, näher gebracht durch eine Besinnung auf die Weltverdüsterung und Erdzerstörung“. (Abschn. 56, S. 119) Er skizziert diesen anderen Anfang (u.a. in den Beiträgen) vor, aber er formuliert die entsprechende Philosophie nicht aus. Er sagt, dass dies die Aufgabe für die Zukünftigen sei. (siehe insbes. Abschn. 45, S. 96ff.) –

Im Gegensatz zu den bereits politisch etablierten „Grünen“ sind die „Fridays for Future“-Aktivisten (noch) keine Politiker/-innen. Doch vergessen wir nicht: auch die Grünen waren in ihren Anfängen – lange vor der Wiedervereinigung – eine radikale Bewegung: für Frieden, gegen Atomkraft, usw. Doch jetzt agieren sie als Partei – ähnlich wie andere Parteien. (Derzeit rangieren sie in Umfragen sogar als zweitstärkste Kraft nach der CDU/CSU.) –

Doch vergessen wir nicht, dass das Vergleichen, so Heidegger, bereits der erste Schritt sei, um das Verglichene anzugleichen, ja identisch zu machen:

„Alles Vergleichen ist aber im Wesen ein Gleichmachen, die Rückbeziehung auf ein Gleiches, das als solches gar nicht ins Wissen kommt, sondern jenes Selbstverständliche ausmacht, aus dem alles Erklären und Beziehen seine Klarheit nimmt.“ (Abschn. 76, S. 151) –

Siehe auch die Ansätze der Gleichschaltung, der totalen Konformität, etc. die das Hitler-Regime radikal umsetzte und dessen Machenschaften Heidegger als Zeitzeuge beobachtete und (zumindest) öffentlich nicht kritisierte (anfangs sogar als Neuanfang begrüßte):

„Die totale Weltanschauung muß sich der Eröffnung ihres Grundes und der Ergründung ihres Reiches ihres »Schaffens« verschließen; d. h. ihr Schaffen kann nie ins Wesen kommen und zum Über-sich-hinaus-schaffen werden, weil die totale Weltanschauung damit sich selbst infrage stellen müßte. Die Folge ist die: das Schaffen wird im vorhinein ersetzt durch den Betrieb. Die Wege und Wagnisse einstmaligen Schaffens werden in das Riesenhafte der Machenschaft eingerichtet, und dieses Machenschaftliche ist der Anschein der Lebendigkeit des Schöpferischen.“ (Abschn. 14, S. 40f.)

V

Eine andere Spielart von Radikalität besteht darin, zu den Wurzeln historisch/geschichtlich zurückzugehen/zurückzukehren und das Leben von neuem zu beginnen. Auslöser für diese Rückbewegung ist ebenfalls die Kritik an den bestehenden Verhältnissen. Doch im Unterschied zu der vorab genannten Spielart geht es hier nicht darum, die (bisherige) Tradition zu verlassen, sondern sie zu desavouieren. –

Heidegger betont ausdrücklich, dass die neue Blickbahn (des anderen Anfangs) die bisherige (des ersten Anfangs) nicht abwehrte (sondern grundlege):

„die Ab-setzung des anderen Anfangs gegen den ersten [ist…] niemals »Verneinung« im gewöhnlichen Sinne der Abweisung und gar Herabsetzung.“ (Absch. 90, S. 178)

„Die Rede vom Ende der Metaphysik darf nicht zur Meinung verleiten, die Philosophie sei mit der »Metaphysik« fertig, im Gegenfall: diese muß ihr jetzt erst in ihrer Wesensunmöglichkeit zugespielt und die Philosophie selbst so in ihren anderen Anfang hinübergespielt werden.“ (Abschn. 85, S. 173) –

Ein Beispiel hierfür ist der Islamische Staat (IS). Seiner Ideologie zufolge entspreche der zur Zeit gelebte Islam nirgendwo der vom Propheten Mohammed geforderten Praxis. Die Geschichte des Islam sei eine Geschichte des Ab-/Verfalls. Es sei geboten, die islamische Bewegung neu zu beginnen. Vorbild für den Neuanfang ist das Leben, wie es Mohammed und sein Gefolge (einst) führten.

Doch die Rückkehr zu den Anfängen muss nicht Jahrhunderte an Geschichte voraussetzen. Die diversen Neonazi-Bewegungen sehen sich als Nachfolger des Hitler-Regimes, das 1945, vor weniger als einem Jahrhundert, unterging. –

Heidegger zufolge gründen alle radikalen Bewegungen im (von Nietzsche prophetisch angekündigten und vorformulierten) Nihilismus. Machtgeile Führer wie Trump, Putin, Erdoğan, Lukaschenko usw. sind nur möglich als Emporkömmlinge, Helden aus nihilistischem Umfeld. Sie sind Gefangene ihrer eigenen Machenschaften. Sie bedürfen ihrer Unterstützer, die sie möglichst zahlreich um sich scharen, um sich und ihnen die Macht und damit die Machenschaften als Erwerbsgrundlage (noch) möglichst lange zu erhalten. Ein Pakt auf Gegenseitigkeit…

Elie Rosen widersetzt sich Gutmensch-Propaganda

Martin Hoferick, Antisemitismus in Österreich, Kulturzeit (3sat), 25.8.2020

Peter Schneeberger im Gespräch mit E. Rosen, Elie Rosen über Formen des Antisemitismus, Kulturzeit (3sat), 25.8.2020

Ingrid Kornberger, Synagogen-Angriff: Verdächtiger ist 31-jähriger Syrer, Die Presse online, 24.8.2020

Vorspiel

Kaum hat ein ach so süßer Flüchtling einen antisemitischen Anschlag verübt (in Graz am 22.8.2020), wird von der Gutmenschfraktion der Vorfall entsprechend verharmlost. So äußert denn Martin Hoferick in seinem Kulturzeit-Beitrag Antisemitismus in Österreich (drei Tage später) die Befürchtung:

„Der Festgenommene, ein Geflüchteter aus Syrien [„der seit sechs Jahren in Österreich leben soll“ (Kornberger)] wird als Anhänger eines islamischen Antisemitismus stilisiert. So wird der Vorfall von Rechten instrumentalisiert.“

Der Anschlag selbst wird gar nicht erst thematisiert, ist also nicht berichtenswert und folglich gar nicht (so) schlimm. — Anders wär’s natürlich, wenn ein ach so un-süßer, ach so böser Neonazi der Täter wäre. — Schlimm ist für Gutmensch Hoferick nur, dass die anderen, i.e. die bösen Rechten, sprich die Nicht-Gutmenschen dies Stück für ihre, i.e. moralisch verwerflichen Zwecke propagandistisch nutzen könnten.

Hauptstück

Und dann tritt auf: Gutmensch Peter Schneeberger.

Im Gespräch mit Elie Rosen, auf den der ach so süße Flüchtling einen Anschlag plante, versucht Schneeberger Rosen dazu hinzuleiten, den Antisemitismus zu einem Neonazi-Problem zu erklären. Doch Rosen widersetzt sich. So ein Schelm…

Hier die ungekürzte Textpassage:

Schneeberger frägt – Hofericks Befürchtung wiederholend und damit dem Zuschauer einbläuend: „Eine Studie hat ergeben, dass mehr als die Hälfte der antisemitischen Übergriffe in Österreich einen rechtsextremistischen Hintergrund hat. Steht es zu befürchten, dass die Angriffe in Graz politisch instrumentalisiert werden?

 

Doch Rosen antwortet wider Erwarten: „Wir führen, das heißt über die Israelitische Kultusgemeinde in Wien ein Monitoring durch von antisemitischen Vorfällen in Österreich. Ich gebe aber zu bedenken, dass dieses Monitoring ein Monitoring ist, das sich stützt auf gemeldete Vorfälle. Die Erfahrung zeigt, dass eine Vielzahl von, unter Anführungszeichen, kleinen Vorfällen, das heißt insbesondere Vorfällen, wo es nicht zu physischen Übergriffen kommt, erst gar nicht gemeldet. Die Dunkelziffer ist also sehr groß. Ich für meinen Bereich in Graz kann unterstreichen, dass wir es hier mit einem primär linksorientierten und das heißt primär Israel orientierten beziehungsweise muslimischen Antisemitismus zu tun haben. Letztendlich ist es aber auch egal, woher der Antisemitismus rührt, ob rechts-links, oben-unten, muslimisch oder Israel orientiert. Es ist inakzeptabel. Wofür diese Differenzierung allenfalls von Interesse ist, ist wie man die einzelnen Formen bekämpfen kann, weil hier wird man wohl auch differenziert vorgehen müssen.“

Nachspiel

Dass Rosen Schneebergers Vorurteil nicht bestätigte, sondern sogar die Linken (!!!) als Erst-Haupttätergruppe (!!!) und Muslime als Zweit-Haupptätergruppe (!!!) ausmachte, dürfte die ganze Kulturzeit-Redaktion schockiert haben. Schlecht geplant und noch schlechter gelaufen…

Daher: kaum zu fassen, dass das Interview trotzdem auf Kulturzeit ausgestrahlt wurde. –: Eine Autorität an Integrität wie Rosen anzugreifen, ist eben nicht opportun: Selbst wenn sie sich anders äußert als gewünscht/erwartet, empfiehlt es sich nicht, sie gegen sich aufzubringen.

Eben schlecht geplant und noch schlechter gelaufen…

Chinas Griff nach Europa – laut „Kronzeugin“ Sayragul Sauytbay

Sayragul Sauytbay und Alexandra Cavelius: Die Kronzeugin. Eine Staatsbeamtin über ihre Flucht aus der Hölle der Lager und Chinas Griff nach der Weltherrschaft. Zürich, 2020

Laut Sayragul Sauytbay, der als Kasachin selbst betroffenen, inhaftierten, gefolterten und geflohenen Kronzeugin über die Vorgänge der von China euphemistisch Berufsbildungszentren genannten Lager zur  Umerziehung der muslimischen Bevölkerung in Turkestan, gebe es einen „Drei-Stufen-Plan der Regierung Chinas“ (im Original kein Fettdruck) mit folgender beunruhigender Strategie:

Erste Stufe, 2014 bis 2025: in Xinjiang die Assimilation derer vornehmen, die dazu bereit sind, und die Eliminierung derer, die nicht dazu bereit sind. […]

Zweite Stufe: 2025 bis 2035: nach der Assimilierung in China folgt die Besetzung der Nachbarländer.

Langsame Einnahme, zum Beispiel von Kirgistan, Kasachstan oder Usbekistan, unter anderem durch die »Belt and Road Initiative« («Neue Seidenstraße«) und großzügige Kreditvergaben. Die wirtschaftlich gebeutelten Länder sollen sich Peking gegenüber hoch verschulden. Immer mehr Chinesen würden sich dort ansiedeln und einbürgern, Fabriken aufbauen, aber auch in Medienhäuser, Verlage und TV-Stationen investieren, um auf diese Weise der chinesischen Politik einen Weg in diese Länder zu ebnen. Weiterhin würde Peking Informanten und Spione in die Fremde schicken, um Regierungsgeheimnisse zu sammeln.

Dritte Stufe: 2035 bis 2055: Nach der Verwirklichung des chinesischen Traums folgt die Besetzung Europas.“ (240f; im Original kein Fettdruck)

Zudem soll es

„eine Liste mit 26 Staaten [… geben], sortiert nach den größten Feinden der Volksrepublik China.

Platz 1: USA. Platz: 2: Japan. Platz 3 oder 4: Deutschland oder Kasachstan. Wer von beiden vorne oder hinten lag, weiß ich nicht mehr genau.“ (248)

Wenn wir, sprich unsere politischen und wirtschaftlichen Eliten, eine (weitere) Intensivierung unserer politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu China intendieren, gar fordern, sollten wir NIE vergessen, dass China ein extrem repressives Gesellschaftssystem lebt und zu expandieren FORCIERT – siehe Tiananmen-Massaker vor 31 Jahren (4. Juni 1989), gerade erst begonnene Hongkong-Assimilation (per „Sicherheitsgesetz“), fortbestehende Drohung zur Rückintegration Taiwans, etc… Vorsicht vor diesem Partner tut Not!

 

Kulturbanause Trump

Trump droht Iran mit Angriffen auf 52 Ziele, SPIEGEL online, 5.1.2020

Dirk Hautkapp, Irak-Krise: Trump droht mit Angriff auf 52 ii8ranische Ziele, Berliner Morgenpost, 5.1.2020

Gut gelaunt beim Säbeltanz, Nordwest Zeitung, 22.5.2017

US-Militär tötet iranischen Topgeneral, SPIEGEL online, 3.1.2020

Dass Trump ein Primitivling sondergleichen ist, ist ja schon hinlänglich bekannt, doch jetzt zeigte er erstmals seine wahre Banausenfratze.

Nach der von Trump befohlenen, völkerrechtswidrigen Ermordung von u.a. Qasem Soleimani auf irakischem Staatsgebiet durch eine Drohne, und zwar ohne Rücksprache mit dem Irak, reichte er noch ein besonders perfides Zuckerl nach.

„targeted 52 Iranian sites (representing the 52 American hostages taken by Iran many years ago), some at a very high level & important to Iran & the Iranian culture, and those targets, and Iran itself, WILL BE HIT VERY FAST AND VERY HARD.“ (Tweet vom 4.1.2020 zitiert nach SPIEGEL)

PS: Dass Trump, der Held der Christenheit, mit seiner Hau-drauf-und-Schluss-Politik freilich nicht allein steht, machte das Pentagon wieder mal unmissverständlich klar:

„Die Vereinigten Staaten werden weiterhin alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um unser Volk und unsere Interessen überall auf der Welt zu schützen“.

Koste es, was es wolle. Aufs Völkerrecht geschissen.

Dirk Hautkapp hat daher völlig recht, Trump & Freunde in eine Reihe mit den islamistischen Primitivlingen zu stellen, die einst die Buddha-Statuen von Bamiyan zerstörten. — Auch wenn Trump bislang nur als Ankündiger auftrat..

Vergegenwärtigt man/frau sich zudem Trumps gut-gelauntes Säbeltänzchen vom Mai 2017 mit seinen saudischen Waffenbrüdern, Weltmeistern im Export ihres – laut Trump – besonders „friedvollen und tolerantem Islam“ (eindrücklich im Jemen zu beobachten), verwundert Trumps jüngstes Dreingabe-Gestichel freilich nicht.

Und was machen Mutti & Co.? — Sie schleimen um ihren Oberhäuptling Trumpi herum. — Me-too-Debatte einmal anders. — Keine und keiner in der EU-Führung, der dieses primitive etwas zu kritisieren wagt: weder hinsichtlich der Ermordung Soleimanis, noch seiner Kulturverachtung.

Und dann schwatzen diese EU-Pseudogrößen auch noch von Werten…

Willkommen zurück im Mittelalter

Straßburger Attentäter: Kein Islamist! Hurra?

Philipp Saul; Interview mit Farhad Khosrokhavar, „Er wollte Rache an der Gesellschaft“, SZ online, 14.12.2018

Attentäter war wohl Anhänger des IS, tagesschau.de, 16.12.2018

Am Dienstag, 11. Dezember 2018, schoss der polizeilich Gesuchte Chérif Chekatt auf dem Straßburger Weihnachtsmarkt wahllos auf Passanten. Mindestens vier starben:

„Und Wir haben den Ungläubigen schmähliche Strafe bereitet“ (Koran, Sure 4, Vers 38)

Nur drei Tage später, am 14. Dezember 2018, veröffentlichte die SZ husch-husch ein Interview, das Philipp Saul mit einem Pariser Soziologen – nicht Psychologen! – führte, um in der SZ den dumm-naiven Deutschen der Gutmensch-Front in seinem einleitenden Statement in Fettdruck zu erklären, dass der nette Herr Attentäter, mittlerweile von der französischen Polizei neutralisiert, selbstredend gar nie nicht Islamist gewesen sein könne:

„Der Pariser Soziologe [und übersinnlich-begabte Ferndiagnostiker?] Farhad Khosrokhavar glaubt nicht an ein islamistisches Motiv des Attentäters vom Weihnachtsmarkt. Für ihn ist Chérif Chekatt [nur] ein Krimineller, der religiöse Motive [nur] benutzt hat, um Angst zu verbreiten.“ (im Original alles Fettdruck)

Natürlich, was sonst:

Ist doch der Islam (nach Gutmensch-Lesart) bekanntlich (und zwar wider besseres Wissen!!) per se die friedliebendste, allweise Religion überhaupt; nur dass die Nicht-Gutmenschen, sprich Islamophoben, das einfach nicht wahrhaben wollen.

„Wahrlich, Allah, Er tut nicht Unrecht auch nur für eines Stäubchens Gewicht. Und ist da irgendeine gute Tat, so verdoppelt Er sie viele Male und gibt von Sich aus großen Lohn.“ (Koran, Sure 4, Vers 41)

„Die [aber] Unseren Zeichen Glauben versagen, die werden Wir bald ins Feuer stoßen. Sooft ihre Haut verbrannt ist, geben Wir ihnen eine andere Haut, damit sie die Strafe auskosten. Wahrlich, Allah ist allmächtig, allweise.“ (Koran, Sure 4, Vers 57)

Epilog

Zu früh gefreut, ihr Verharmloser!

Am 16. Dezember 2018 heißt es nunmehr in der Tagesschau: Ätsch, der Mörder sei doch IS-ler gewesen:

„Der Vater des getöteten 29-jährigen [Abdelkrim Chekatt] sagte, sein Sohn sei Anhänger der Terrormiliz IS gewesen.“

 

Merkels Flüchtlingszahl-Manipulationen

(Robin Alexander und Manuel Bewarder, Merkels wichtigste Zahl, Welt am Sonntag, 3.9.2017, 7)

Robin Alexander und Manuel Bewarder machten sich in ihrem Artikel die Mühe, Merkels Flüchtlingszahlenakrobatik zu entschleiern. Der Artikel zeigt am Beispiel der Flutung Deutschlands mit Migranten Muttis Politikstil: Radikale Kursänderungen ohne nachzudenken, aber nachträglichem Schönreden.

Die Bundeskanzlerin berichtet „über das Jahr 2015 immer das Gleiche: „Es gab Mitte August eine Prognose des Bundesinnenministeriums von 800.000 Flüchtlingen für das gesamte Jahr. Zum Schluss kamen rund 890.000, wir lagen also nicht ganz daneben, sagte sie der taz in dieser Woche. „Im August gab das Bundesinnenministerium die Prognose ab, dass es bis zum Jahresende 800.000 Menschen sein würden. Gekommen sind schließlich 890.000“, rechnete sie in der Woche zuvor in dieser Zeitung vor.“

Januar 2015

Anfang 2015 […] erhöhte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) die Prognose – zunächst aber so, dass es nach 202.800 Antragstellern auf Asyl im Vorjahr nun 250.000 werden sollten.“

Aus dem ursprünglichen Entwurf gestrichen wurden die Passagen,

  1. dass „die Behörde mit dieser progressiven Erhöhung [einer Steigerung der Asylanträge im Januar 2015 um 73 % gegenüber Januar 2014] nicht Schritt halten könne“,
  2. der Begriff „Massenexodus“ und
  3. „die Warnung, dass sich Deutschland im Vergleich zu den Mitgliedsstaaten der EU mehr und mehr zum Hauptzielland für Migranten entwickelt“.

Februar 2015

„So wurde die 250.000-Schätzung im Februar nur in der entschärften Fassung an zuständige Bundesministerien und die Bundesländer verschickt. Sie war aber schon zwei Monate später obsolet.

April 2015

Im April wurde die Prognose auf „450.000 Erst und- [sic] Folgeanträge für das Jahr 2015“ angehoben.“

August 2015

„Als die Experten aus dem Bamf schon im August 2015 von der Politik gebeten wurden, die Prognose neuerlich anzupassen, schlugen sie vor, auf die Zahl 600.000 zu gehen, eine Verdreifachung des Vorjahreswertes.“ „Mit dieser Zahl – 600.000 – ging Innenminister Thomas de Maizière (CDU) am 10. August 2015 ins Bundeskanzleramt. […] Die Kanzlerin und ihre Minister übernahmen die siebenseitige, detaillierte Vorlage der Experten Wort für Wort, änderten aber die daraus abgeleitete Zahl: Sie schrieben 800.000. Plus 200.000 also.“

Wieder einmal änderte Merkel ihre Meinung äußerst sprunghaft: „Noch auf einem EU-Rat im Juli 2015 sah Merkel zu, wie ein Verteilungsplan der EU-Kommission scheiterte. […] An ihrem letzten Urlaubstag, dem 9. August, telefonierte Merkel mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und sagte ihm, dass sie nun doch für die europaweite Verteilung durch eine Quote sei. […]

Dieser schroffe Politikwechsel konnte nur mit einer dramatischen Lage begründet werden. Deshalb brauchte die Kanzlerin eine Prognose, die alle wachrütteln würde – einen Tag später erhöhte sie die Vorhersage von de Maizières Experten mit einem Federstrich. Erst Wochen später schob das Innenministerium auf Nachfragen von Abgeordneten eine neue Berechnung nach, mit der sich die neue Zahl erklären ließ.“

„Doch Merkels Wendemanöver barg auch Gefahren. Denn als de Maizière zum ersten Mal öffentlich die neue Zahl nannte, produzierte er nicht nur die gewünschten Schlagzeilen in ganz Europa, sondern auch in Afghanistan. Schlepper verbreiteten Dorf, Deutschland wolle so viele Flüchtlinge zusätzlich aufnehmen. Viele machten sich erst dann auf den Weg. Zwei Tage später setzte das Bamf das Dublin-Verfahren für Syrer aus, was nach Bekanntwerden ebenfalls als Einladung interpretiert wurde. Als sich die Kanzlerin am 4. September von ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán dahin treiben ließ, ihm die Flüchtlinge abzunehmen, scheiterte paradoxerweise auch der Plan einer Verteilung in Europa: angesichts des deutschen Kontrollverlusts erhärtete sich die Skepsis der Osteuropäer zur Ablehnung.“

„Eine realistische Annahme ist: 400.000 Flüchtlinge strömten vor dem 4. September ins Land, eine Million kamen in den fünf Monaten bis zur Schließung der Balkanroute und dem EU-Türkei-Abkommen hinzu.

Seitdem nutzten der Regierung wieder eher niedrige Zahlen.“ (im Original nie Fettdruck)

Und das verblödete Wahlvolk applaudiert seiner großen, weisen Staatsfrau…

Der Faschismus-Vorwurf des türkischen Operettensultanats demaskiert es selbst I

(Stefan Ihrig, Atatürk in the Nazi Imagination, Cambridge/US & London/UK, 2014)

Stefan Ihrig behauptet in seinem lesenswerten Buch (über Atatürks Vorbildwirkung auf die Nazis bei der Errichtung des III. Reichs — ein Reich, eine Partei, ein Führer — u.a.:

Werner Daitz, Alfred Rosenberg’s envoy with the convoluted title of main department director in the Foreign Policy Office of the NSDAP [!!…] saw Kemalism, Nazism, and Fascism all as emanations of the same thing„. (118f; im Original kein Fettdruck)

Wenn die Mitglieder des türkischen Operettensultanats (Özdemir) die Parole ihres Herrn nachbeten und nun unisono all die Europäer, die die Wahlkampfauftritte auf EU-Boden verboten, als Faschisten verunglimpfen, so zeigt dies just die Denkweise der Nazi-Vordenker von einst:

Einst versuchte Hitler es Atatürk gleich zu tun (wie Ihrig diffizil und detailliert aufzeigt und nachweist), jetzt versucht Erdoğan deren beider Erbe anzutreten…:

Indem er den andern unterstellt, Faschisten zu sein, lenkt er den Hass von sich (als dem wahren Faschisten) auf die andern um… Und es funktioniert…

Auch: weil unsere Kuschelpolitik ihn gewähren lässt. Demaskierung gelingt nur durch Konfrontation.

Und noch eins wollen wir festhalten: Selbst Hitlers Aufstieg hätte verhindert werden können:

Wenn seine Gegner und Feinde nicht immer und immer wieder vor ihm gekuscht hätten…, bis es zu spät war…