Merkels Flüchtlingszahl-Manipulationen

(Robin Alexander und Manuel Bewarder, Merkels wichtigste Zahl, Welt am Sonntag, 3.9.2017, 7)

Robin Alexander und Manuel Bewarder machten sich in ihrem Artikel die Mühe, Merkels Flüchtlingszahlenakrobatik zu entschleiern. Der Artikel zeigt am Beispiel der Flutung Deutschlands mit Migranten Muttis Politikstil: Radikale Kursänderungen ohne nachzudenken, aber nachträglichem Schönreden.

Die Bundeskanzlerin berichtet „über das Jahr 2015 immer das Gleiche: „Es gab Mitte August eine Prognose des Bundesinnenministeriums von 800.000 Flüchtlingen für das gesamte Jahr. Zum Schluss kamen rund 890.000, wir lagen also nicht ganz daneben, sagte sie der taz in dieser Woche. „Im August gab das Bundesinnenministerium die Prognose ab, dass es bis zum Jahresende 800.000 Menschen sein würden. Gekommen sind schließlich 890.000“, rechnete sie in der Woche zuvor in dieser Zeitung vor.“

Januar 2015

Anfang 2015 […] erhöhte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) die Prognose – zunächst aber so, dass es nach 202.800 Antragstellern auf Asyl im Vorjahr nun 250.000 werden sollten.“

Aus dem ursprünglichen Entwurf gestrichen wurden die Passagen,

  1. dass „die Behörde mit dieser progressiven Erhöhung [einer Steigerung der Asylanträge im Januar 2015 um 73 % gegenüber Januar 2014] nicht Schritt halten könne“,
  2. der Begriff „Massenexodus“ und
  3. „die Warnung, dass sich Deutschland im Vergleich zu den Mitgliedsstaaten der EU mehr und mehr zum Hauptzielland für Migranten entwickelt“.

Februar 2015

„So wurde die 250.000-Schätzung im Februar nur in der entschärften Fassung an zuständige Bundesministerien und die Bundesländer verschickt. Sie war aber schon zwei Monate später obsolet.

April 2015

Im April wurde die Prognose auf „450.000 Erst und- [sic] Folgeanträge für das Jahr 2015“ angehoben.“

August 2015

„Als die Experten aus dem Bamf schon im August 2015 von der Politik gebeten wurden, die Prognose neuerlich anzupassen, schlugen sie vor, auf die Zahl 600.000 zu gehen, eine Verdreifachung des Vorjahreswertes.“ „Mit dieser Zahl – 600.000 – ging Innenminister Thomas de Maizière (CDU) am 10. August 2015 ins Bundeskanzleramt. […] Die Kanzlerin und ihre Minister übernahmen die siebenseitige, detaillierte Vorlage der Experten Wort für Wort, änderten aber die daraus abgeleitete Zahl: Sie schrieben 800.000. Plus 200.000 also.“

Wieder einmal änderte Merkel ihre Meinung äußerst sprunghaft: „Noch auf einem EU-Rat im Juli 2015 sah Merkel zu, wie ein Verteilungsplan der EU-Kommission scheiterte. […] An ihrem letzten Urlaubstag, dem 9. August, telefonierte Merkel mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und sagte ihm, dass sie nun doch für die europaweite Verteilung durch eine Quote sei. […]

Dieser schroffe Politikwechsel konnte nur mit einer dramatischen Lage begründet werden. Deshalb brauchte die Kanzlerin eine Prognose, die alle wachrütteln würde – einen Tag später erhöhte sie die Vorhersage von de Maizières Experten mit einem Federstrich. Erst Wochen später schob das Innenministerium auf Nachfragen von Abgeordneten eine neue Berechnung nach, mit der sich die neue Zahl erklären ließ.“

„Doch Merkels Wendemanöver barg auch Gefahren. Denn als de Maizière zum ersten Mal öffentlich die neue Zahl nannte, produzierte er nicht nur die gewünschten Schlagzeilen in ganz Europa, sondern auch in Afghanistan. Schlepper verbreiteten Dorf, Deutschland wolle so viele Flüchtlinge zusätzlich aufnehmen. Viele machten sich erst dann auf den Weg. Zwei Tage später setzte das Bamf das Dublin-Verfahren für Syrer aus, was nach Bekanntwerden ebenfalls als Einladung interpretiert wurde. Als sich die Kanzlerin am 4. September von ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán dahin treiben ließ, ihm die Flüchtlinge abzunehmen, scheiterte paradoxerweise auch der Plan einer Verteilung in Europa: angesichts des deutschen Kontrollverlusts erhärtete sich die Skepsis der Osteuropäer zur Ablehnung.“

„Eine realistische Annahme ist: 400.000 Flüchtlinge strömten vor dem 4. September ins Land, eine Million kamen in den fünf Monaten bis zur Schließung der Balkanroute und dem EU-Türkei-Abkommen hinzu.

Seitdem nutzten der Regierung wieder eher niedrige Zahlen.“ (im Original nie Fettdruck)

Und das verblödete Wahlvolk applaudiert seiner großen, weisen Staatsfrau…

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s