Afghanische Mädels, die sich als Jungs ausgeben (müssen)

(Caterina Lobenstein, Royas neue Kleider, ZEIT, 1.2.2018, 6f)

Weit vorn in der ZEIT und über zwei Seiten erstreckt sich ein Artikel über ein „verkleidetes Mädchen“; (6) ein Artikel, der mit Politik, schon gar mit Welt bewegender Politik herzlich wenig, wenn nichts zu tun hat. Zwei Seiten für ein höchst marginales, nach Deutschland eingeschlepptes Rand-Phänomen. Schon seltsam, was Gutmenschen als bedeutsam ansehen. Der Artikel handelt von afghanischen Mädchen (Plural), die als Jungs ausgegeben werden. Ausführlichst geschildert aber wird ein einziger Fall. Und dieser könnte sogar weitgehend Fiktion sein:

„vieles, was Frau Samadi [alle Namen im Bericht/in der Erzählung sind anonymisiert] an diesem Abend erzählt, [ist] nur schwer oder gar nicht [zu] belegen. Es ist ihre ungeprüfte Sicht auf die Dinge.“ (7)

Großartig! Eine journalistische Großtat! Zwei Seiten in einer der angesehensten Zeitungen Deutschlands für ein (welt-)politisch gesehen höchst unbedeutendes, vielleicht sogar spinntisiertes Einzelschicksal.

Hauptakteurin neben dem Mädchen, vorgestellt als Roya Samadi, ist eine Grundschullehrerin, als Elisabeth Vogl bezeichnet, die zu einer Art Heldin des Integrationsalltags hochstilisiert wird. Hurra! Nicht nur, dass „sie im Herbst 2015 einwilligte, eine Klasse mit Flüchtlingskindern zu übernehmen“, „einen der schwierigsten Jobs, die es zur Zeit in Deutschland gibt“!! (6) Zudem erkannte sie als erste das Mädchen in den Jungenkleidern.

Vogl macht sich schlau und stößt auf das Buch

Afghanistans verborgene Töchter: Es geht darin um Mädchen, die sich als Jungs verkleiden. […] Das Buch erzählt von Mädchen, denen es verboten ist, das Haus zu verlassen. Die nicht Fahrrad fahren dürfen, nicht Fußball spielen, keinen Beruf erlernen – weil die Männer es ihnen nicht erlauben. Es geht darin außerdem um das Schicksal von Müttern, die keine Söhne gebären, sondern ausschließlich Töchter. In einigen afghanischen Familien gelten sie als ehrlos, werden von den Nachbarn bedroht und von ihren Männern verlassen. Einige dieser Mütter versuchen, ihre Ehre zu retten, indem sie den jüngsten Töchtern die Haare abschneiden und sie in Hosen kleiden. Sie machen aus ihnen Söhne.“ (6)

Liebe Frau Caterina Lobenstein, auch wenn es nicht in ihr Weltbild passt; — sie müssen gar nicht so weit reisen. Wenige hundert Kilometer außerhalb von Istanbul genügen, um bereits fündig zu werden.

Und auch wenn sie es nicht sagen, verdrängen und abstreiten wollen, Tatsache ist, dass diese Auffassung ur-islamisch ist. Ein wenig Nachhilfeunterricht gefällig??

Zum Bezug Mann:Frau heißt es im Koran klar und deutlich:

„doch haben die Männer einen gewissen Vorrang vor ihnen“, den Frauen. (Sure 2, 229)

Und was das Verhältnis Knabe:Mädchen anbetrifft, heißt es ebenso deutlich:

„Allah verordnet euch in Bezug auf eure Kinder: ein Knabe hat so viel als Anteil wie zwei Mädchen“. (Sure 4, 12)

Wieso regen Sie sich also auf? Alles ḥalāl.

Doch Vogl ist uneinsichtig, typisch kāfira eben:

„Lange fragte sich Vogl, warum Royas Eltern an einem Brauch festhielten, der in Deutschland keinen Sinn ergibt. Dann wurde ihr klar, dass Royas Familie den Brauch nicht aus Afghanistan mitgebracht hatte, sondern erst hier in Deutschland damit begann“. (7)

Denn unter den ach so süßen Flüchtlingen sind eben viele, wenn nicht die meisten, die ihre antiquierten, urzeitlich-primitiven Wertvorstellungen mitbringen und bei uns durchsetzen wollen.

Frau Samadi „erzählt, in ihrer Straße in Kabul hätten Männer gewohnt, die ihre ältesten Töchter heiraten wollten, gegen deren Willen. »Die Männer haben gesagt: Wenn wir was wollen, dann kriegen wir das.« Das sei der Moment gewesen, in dem sie und ihr Mann beschlossen hätten, aus Afghanistan zu fliehen.

Als Frau Samadi vom Hindukusch ins Alpenvorland kam, in das Flüchtlingsheim voller Afghanen, da ahnte sie nicht, dass sie auf Menschen treffen würde, die ganz ähnliche Vorstellungen haben wie jene, vor denen sie einst geflohen war.“ (7)

Tja, Frau Samadi, tut mir schrecklich leid! Aber das ist unsere Gutmensch-Multikulti-Politik. Der nach ist jede und jeder herzlich willkommen. Und alle Kulti sind gleichwertig und damit gleichberechtigt. Nix Leitkultur! Wir Gutmenschen sind für political correctness. Das müssen sie halt ertragen: tolerieren, eben. Sie haben die Wahl: Integration oder abhauen.

Doch auch hier kennen wir Gutmenschen einen Ausweg:

„Die ersten Zweifel [über Royas wahres Geschlecht] kommen Elisabeth Vogl an einem Tag im Februar 2017. Damals gehen unter den Schülern die Läuse um. [Die sind echt multikulti. Die machen keinen Unterschied zwischen Afghanen und Deutschen. Und doch:] Besonders hartnäckig halten sie sich bei den afghanischen Kindern. [Denn:] Sie leben alle in derselben Unterkunft, in einem Mehrfamilienhaus mit Gemeinschaftsbädern und Doppelstockbetten.“ (6)

Also: Die Gemeinschaftsbäder sind schuld! Soll heißen: Jeder afghanischen Flüchtlingsfamilie eine eigene Wohnung!! Auf Kosten des Steuerzahlers!! (Macht nix, sind eh nur kuffār.) Hurra!!

Und tatsächlich: Gegen Ende des Artikels darf Vogl die Gutmensch-Forderung par excellence verkünden:

„Helfen würde in Vogls Augen, wenn Royas Familie nicht auf engem Raum mit anderen Afghanen leben würde. Sondern in einer Wohnung mit deutschen Nachbarn.“ (7)

Wie?? Doch kein Multikulti-Einheitsbrei?? Und wieso sollen die Afghanen nun doch unter die scheiß kuffār?? Das ist Bevormundung, Diskriminierung! Wehrt Euch, Ihr Rechtgläubigen. Euer ist das Paradies. Warum nicht schon im Diesseits? Lasst die dhimmī bluten!

Zur Pathologie Merkels und der Deutschen

Frog1

(Matthias Krupa und Bernd Ulrich, Wird sie springen?, ZEIT, 28.1.2016, 3)

(Anant Agarwala, Christian Bangel, Philip Faigle, Götz Hamann, Caterina Lobenstein und Felix Rohrbeck, Was kostet die Angst?, ZEIT, 28.1.2016, 19)

(Peter Kümmel, Ihr [Merkels] Moment der Wahrheit, ZEIT, 28.1.2016, 39)

(Matthias Geis, Nach dem Tabu, ZEIT, 21.1.2016, 3)

(Beeindruckt von deutscher Flüchtlingshilfe, KULTURZEIT, 27.1.2016)

Als Merkel sich – doch noch – auf ihre pastorale Herkunft besann, jubelte das Volk. Matthias Krupa und Bernd Ulrich erklären sich das so:

„»Du kriegst die Frau aus dem Pfarrhaus, aber du kriegst das Pfarrhaus nicht aus der Frau.« Jahrelang betreibt sie [Merkel] empathielose Realpolitik, lässt sich von darbenden griechischen Rentnern so wenig rühren wie von Ukrainern, die nach Waffen verlangen, und plötzlich, BAMM!, fängt sie unvermittelt an zu lächeln, macht Selfies mit Syrern und holt Millionen Flüchtlinge ins Land.

Plötzlicher Ausbruch angestauter Mitleidsgefühle – so etwa wird derzeit Angela Merkels merkwürdige Flüchtlingspolitik erklärt, die in Europa fast niemand mehr unterstützt. Und auch auf die Frage, warum das Land sich diesem Irrsinn zunächst völlig ergeben hat, gibt es eine psychoanalytische Antwort: Die an ihrer traumatischen Vergangenheit leidenden Deutschen wollten sich von ihrem Makel befreien und haben sich darum in eine völlig irrationale Willkommenskultur gestürzt. Gewissermaßen von Auschwitz direkt zum Münchner Hauptbahnhof.“

Merkel als Mäeutiker UND Mutti:

Merkel verhalf uns, den immer noch und immerzu (zumindest unterschwellig) in Selbstmitleid und -kasteiung gefangenen Deutschen, den in ihnen (allen und trotz allem) schlummernden Gutmenschen stellvertretend für sie – in ihrer Zwitterfunktion als zugleich vernünftig-aufklärerische Hebamme UND existenzial-fürsorgliche Mutti der Nation – hervorzukehren.

EXKURS: Dieses Moment der Ambivalenz/Zwitterhaftigkeit/Schizophrenie des Zugleichs von Gegensätzen zeigt sich auch in/an andern Hauptakteuren, z.B. Seehofer:

      „Im Grunde inszeniert Seehofer sich ganz offen als Doppelspieler zum Wohle des Volks: ein Mann, unabkömmlich zugleich in der Regierung und in der Opposition: brüderlicher Partner der Schwesterparteiführerin und deren präsentester Gegner.“ (ZEIT, 39)

Dankend nahmen die in ihrer Unmündigkeit Verharrenden (Angsthasen) das Geschenk an: Sich (dank Mutti) der Welt gegenüber als Volk von Gutmenschen a) zu sehen, b) zu feiern und c) feiern lassen zu dürfen.

Letzteres, die Bedeutung, nämlich: des Wohlgefühl-Effekts, des Sich-(von-andern-)feiern-Lassens wurde exemplarisch im Gedenken des 71. Jahrestags der Auschwitz-Befreiung (am 27.1.2016) klar, als die KZ-Überlebende Ruth Klüger an diesem Tag im Bundestag sagte:

„Deutschland, das vor 80 Jahren für die schlimmsten Verbrechen des Jahrhunderts verantwortlich gewesen sei, habe heute [ab jetzt Zitat] „den Beifall der Welt gewonnen, dank seiner geöffneten Grenzen und der Großzügigkeit, mit der Sie syrische und andere Flüchtlinge aufgenommen haben und noch aufnehmen““ (Kulturzeit)

UND just an dieser Stelle die Abgeordneten (sich selbst) spontan und doch verhalten applaudierten…

Wie das Kaninchen vor der Schlange…

Dass es mit dem altruistisch überzuckerten Selfie-Gepose (ach, was bin ich doch für ein Gutmensch) jedoch jederzeit/recht schnell zu Ende sein kann, zeigt die rasch und zunehmend wieder erstarkende (vs. nur kurz, von außen, fremd-überzuckerte) German Angst

„Aus einem zuversichtlichen Land ist fast über Nacht wieder eine verunsicherte Nation geworden.

Die Experten der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) sehen Anzeichen dafür, dass die »German Angst« zurückkehrt.“ (ZEIT, 19; im Original keine Hervorhebung)

– z.B in Gestalt der AfD: Schreckgespenst der etablierten, besser: sich als solche gerierenden (Gutmensch-)Parteien und in ihrer Wähler, sprich: aller sonstigen Gutmenschen. In der ZEIT vom 21.1.2016 hieß es beiläufig:

„Die AfD ist nur das sichtbarste Symptom einer sich verändernden gesellschaftlichen Stimmungslage.“ (Geis, 3)

Eine Woche später, am 28.1.2016 eröffnete die ZEIT ihre Ausgabe gar, die erste Seite lang unter Bild und Schlagzeile (obere Hälfte) mit nichts als zwei Texten (untere Hälfte) zu Pro und Contra AfD-Beteiligung in (TV-)Elefantenrunden.

Soll wohl heißen: Das ist es, was die Nation bewegt… Wirklich???

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