Lewitscharoffs Froschgesänge
Sibylle Lewitscharoff, Das Pfingstwunder, Berlin, 2018
Unter Bezug auf den 9. Gesang in Dante Alighieris Die Göttliche Komödie (Vers 73ff.) bindet Sibylle Lewitscharoff in ihren wunderbaren Roman Das Pfingstwunder nachfolgend zitierte Stelle ein. Der Roman rekapituliert die Redebeiträge eines in Rom, der ewigen Stadt, zu Pfingsten abgehaltenen international besetzten Dante-Kongresses aus Sicht des einzigen Teilnehmers, der nicht vom Pfingstwunder erfasst, aus Irdischem hinweggetragen wurde, sondern unerlöst sich sein Versagen zu erklären trachtet…
„Aber die Frösche hatten es ihm angetan. Wer weiß, vielleicht haben die Japaner ein inniges Verhältnis zu Fröschen. Liest man die zauberhafte Geschichte Frosch rettet Tokyo von Haruki Murakami, weiß man, der Japaner steht mit dem Frosch auf du und du, bewirtet ihn gar höflich mit Tee. In unserem Fall haben wir es allerdings nicht mit leibhaftigen Fröschen zu tun, sondern mit aufgescheuchten Seelen, die in alle Richtungen schießen, um froschgleich, wie Dante es beschreibt, im Wasser unterzutauchen oder sich in der schaumigen Lache zu bergen, sobald der große Feind näher tritt und die Scharen vor sich herscheucht. Mit zuckenden Händen und fortstrebenden Fingern ahmte Ryunosuke die Flucht der Seelen nach, wodurch er große Aufmerksamkeit erregte auch bei [Hund] Kenny, der sich auf die Vorderpfoten stellte und ihn erwartungsvoll anblickte, als würde der Mann ihm sogleich eins dieser Fröschlein ins Maul jagen.“ (111f.; im Original kein Fettdruck)