(Boulevard-)Journalismus der Belanglosigkeit in der ZEIT

Frog1(Ulrich Ladurner, Simon und meine Kamera, ZEIT, 23. 12.2015, 3)

(Tina Hildebrandt, Die Wiedervereinigung, ZEIT, 23. 12.2015, 5)

Die letzten Zeilen dieses Artikels über (irgendeinen) Simon (2 Spalten à 30 Zeilen à ca. 55 Zeichen) von Ulrich Ladurner unter der Überschrift Es gab auch gute Nachrichten – in Großbuchstaben gesetzt! – auf Seite 3 lauten:

„Ich knipste nun […] Simon, und er streckte dabei lachend die Zunge raus, ein bisschen wie Albert Einstein, als wolle er mir sagen: »Na, habe ich dich erwischt? Dich und dein Herz?« [/] Hat er.“ (im Original keine Hervorhebungen)

Was, bitte, soll an dieser völlig belanglosen Szene die gute Nachricht sein? Gar so bedeutend, dass es im Rückblick zur Nachricht des Jahres 2015 taugt? Um es gar auf Seite 3 zu setzen??

Was, Herr Autor, haben wir Leser davon, über dieses Etwas informiert zu werden??

Warum, liebe Politik-Redaktion, bleibt der Rest der Seite leer?? Wie einfallslos; wie bedeutungslos muss Ihnen das Jahr 2015 vorgekommen sein…: Wie schade für Sie und uns Leser…

Eine weitere, angeblich höchst wichtige Nachricht, die uns ebenfalls unter der Überschrift Es gab auch gute Nachrichten – in Großbuchstaben gesetzt! – präsentiert wurde, war in derselben Ausgabe zwei Seiten weiter, ebenfalls im Politikteil, auf Seite 5 zu lesen: Die Wiedervereinigung.

Doch mit Politik hat Tina Hildebrandts Wiedervereinigungsgeschreibsel wahrlich nichts zu tun. Berichtet wird von (Untertitel:)

„Aufstieg, Fall und jetzt das Happy End: Christian und Bettina Wulff haben sich wieder getraut.“

Großartig.

Was sonst nur der Boulevardpresse eine Schlagzeile wert ist, die voller Freude die Weibergeschichten von irgendwelchen (Ex-)Politikern ausgraben (z.B. Rudolf Scharping & Kristina Pilati: Überraschende Scheidung nach 13 Ehe-Jahren!, BUNTE online, 27.1.2016), erhält nun also auch in der ZEIT Nachrichtencharakter. Prima!

Dem privaten Glück – „Das Happy End gönnen wir den beiden.“, lauten die eindeutig apolitischen Schlusszeilen – wird, husch husch, politische Brisanz angezaubert. Und das nur, weil der Bräutigam irgendwann mal kurzzeitig Bundespräsident war (aber nicht mehr ist, Gott sei Dank).

„Irgendwie haben sie [!] es also geschafft: das Amt hinter sich zu lassen“.

Wieso „sie“? Hatte Frau Wulff denn zu Zeiten ihres Präsidentengatten auch eine politische Funktion?? Seit wann ist Drumrumstehen, Danebenstehen, Entferntstehen einer Gattin denn ein Amt?? Und überhaupt:

Sie haben Recht, Frau Hildebrandt: Wulff ist nicht mehr Präsident. Er ist Geschichte. Er interessiert nicht mehr. Also warum langweilen sie uns mit dem Privatleben von ihm und seiner Tusnelda, äh Betina??… Wir haben wahrlich andere Sorgen…

Frog4