Glücksversuche einer „Glücksphilosophin“

Zu Ariadne von Schirachs Buch Glücksversuche: Von der Kunst, mit seiner Seele zu sprechen

Will man/frau wissen, auf welch geistigem Unterst-Niveau sich Ariadne von Schirachs jüngstes in Buch gepresstes Gelaber über das Glück bewegt, so genügt ein Blick in Richard Herolds Lobhudelei auf Kulturzeit, ausgestrahlt am 10.1.2022. (https://www.3sat.de/kultur/kulturzeit/sendung-vom-10-januar-2022-100.html)

In seinem Beitrag entblödet sich Richard Herold (RH) zu folgenden Aussagen gewürzt mit Einsprengseln irgendwelcher Zufalls?-Passanten und den Antworten der „Philosophin“ (AS):

RH „Mit dem Glück beschäftigt sich die deutsche Philosophin und Autorin Ariadne von Schirach. Sie kennt sich bestens damit aus, ergründete in einer wöchentlichen Kolumne, was uns glücklich macht. Diese Texte hat sie in ihrem aktuellen Buch zusammengefasst.“

Philosophisches Fragen ist wohl kaum eine nationale Angelegenheit. Insbesondere wird das Glück sich wohl kaum nach nationalen Belangen differenzieren: als deutsches, schweizerisches usw. Glück. Die Dummheit des Attributs deutsch zeigt sich schon darin, dass im Beitrag Passanten mit Schweizer Akzent, also Nicht-Deutsche zu Wort kommen. Zudem könnte die Kennzeichnung deutsch eine Nazi-Nähe suggerieren, die der Autor garantiert nicht intendiert. Damit aber nicht genug der Dummheit.

Eine Philosophin ist für Herold jemand, der sich bestens auskennt, eine Expertin also, im vorliegenden Fall eine Expertin für Glück. Eine Philosophin ist also eine Glücksexpertin. — Ginge es um Mäusezucht, gäbe es nach Herold dem Scharfsinnigen wohl auch Mäusezucht-Philosophen und -Philosophinnen.

Das Zusammentragen von Texten und das Publizieren dieser in Buchform: welch höchst philosophische Tätigkeit, preisverdächtig. Ob dieser Großtat sollte das Philosöphchen für den Ἄξιον ἐστίν 2022 nominiert werden. — Ob von Schirach bei der Textanordnung wohl ähnlich genial vorgegangen ist wie die Macher des Koran? Anordnung der Texte nach Anzahl der Wörter? Der Text mit den meisten Wörtern zuerst, der mit den wenigsten zuletzt? Inhalt: Nebensache. Logische Stringenz: Unwichtig.

AS „Glücklich machen uns Naturerfahrungen und glücklich macht uns inneres Wachstum. All diese Dinge sind nicht konsumierbar, aber sie sind erfahrbar und sind eine belastbare Antwort auf die Frage nach dem Glück und nach dem Sinn. Und Glück erscheint uns dann eher als etwas, das uns zufällt, eine goldene Zeit, eine wunderbare Begegnung, eine Liebesgeschichte und so weiter.“

Was ist das denn, inneres Wachstum? Ein Ding gar? Ein nicht konsumierbares Ding: Was soll das denn sein? Ob Philosöphchen dabei an Descartes gedacht hat (res cogitans vs. res extensa)? Welch Ding-Begriff liegt da zugrunde? Doch ist dies nicht geklärt, kann die Antwort nicht belastbar sein. Schon mal vom Satz vom Grund gehört? Leseempfehlung für Philosöpchen: Heideggers Vorlesungsskript Der Satz vom Grund.

Noch so ein nicht näher erläutertes Ding: die hingeworfene Nominalphrase eine wunderbare Begegnung. Was heißt hier wunderbar? Inwiefern können Begegnungen wunderbar sein?

RH „Also doch alles eher Zufall? Nur bedingt, sagt die Autorin. Glück kann erarbeitet werden.“

Und wie soll diese Arbeit am Glück aussehen?

AS „Die Idee ist, ein zufriedenes Leben zu führen und dadurch das Glück anzulocken. Und ein zufriedenes Leben zu führen bedeutet sich zu kennen, sich anzunehmen, aber auch sich zu erziehen, weil wir selber sind oft unser schlimmster Feind. Und die Suche nach dem Glück beginnt damit, sich selbst ein Freund zu werden.“

Das klingt nach den Weisheiten aus Zeitschriften wie Die Bunte. Trost für die Dummen, die sich mit dem Gelaber anderer zufrieden geben, weil sie zu denkfaul sind, um selbst „die Anstrengung des Begriffs auf sich zu nehmen“. (Hegel, Phänomenologie des Geistes, Vorrede, https://www.marxists.org/deutsch/philosophie/hegel/phaenom/vorrede2.htm) Und so treffen sich denn von Schirachs Leser und ihr Philosöphchen in wundersamer Begegnung selbstverschuldeter Unmündigkeit:

„Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.“

(Kant, Was ist Aufklärung? https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/159_kant.pdf)

RH „Sich selbst ein Freund sein, klingt gut. Was gehört sonst noch zum Glück? — Das vergängliche Glück, das Glück mit anderen Menschen, das Glück mit sich selbst. Ariadne von Schirach meint mit ihren Glücksversuchen aber nicht Selbstoptimierung, nicht das Ich gegen außen aufpeppen, sondern nach innen schauen und sich in Lebenskunst üben. Dabei denken wir oft, das Glück stehe uns doch zu, als Standardausstattung sozusagen für privilegierte Erste-Welt-Menschen.“

Das Glück mit anderen Menschen? Vor wenigen Tagen kam an einer Kreuzung in der Nähe unserer Wohnung ein 15jähriger auf seinem eben erst zum Geburtstag geschenkten Fahhrad ums Leben, weil er zu unachtsam war und der nach rechts abbiegende LKW-Fahrer nicht aufpasste. Soll das Glück mit anderen Menschen sein? Nach Sophokles vielleicht, dem nach nicht geboren zu werden das Beste, und wenn doch geboren worden, möglichst bald zu sterben das Zweitbeste sei. Oder ist das zynisch? Ob Sloterdijks Kritik der zynischen Vernunft helfen kann?

Das Glück mit sich selbst: Was, bitte schön, soll das denn sein? Ein mit sich selbst identisches Glück? Eine Frage der Evidenz? Erst der nicht vollzogene Rekurs auf den Satz vom Grund, nun eine Anspielung auf den Satz der Identität (A=A). — Immerhin das Eingeständnis, es handle sich um Versuche, Laborarbeit also, mit dem Ziel Nicht Selbstoptimierung. Immerhin: Eine definito ex negativo. Wie hübsch, Annäherung an das, was Glück ist, sprich das Wesen des Glücks durch Ausschlussverfahren. Doch lässt sich das Wesen von etwas, einem Ding gar, überhaupt ex negativo zureichend fassen? — Und dann noch ein wenig Fichte: Das Ich selbst, das sich ein Nicht-Ich entgegen setzt, um sich als Ich zu erkennen? Falls die Antwort ja ist, ist dann zu fragen: Wie, durch welchen Begriff, sind sie vereinigt oder zu vereinigen? Fichtes Anwort:

„Wir haben die entgegengesetzten Ich und Nicht-Ich vereinigt durch den Begriff der Theilbarkeit.“

(Fichte, Grundlage der gesammten Wissenschaftslehre, http://www.zeno.org/Philosophie/M/Fichte,+Johann+Gottlieb/Grundlage+der+gesammten+Wissenschaftslehre/1.+Grunds%C3%A4tze+der+gesammten+Wissenschaftslehre/%C2%A7+3.+Dritter,+seiner+Form+nach+bedingter+Grundsatz)

Trifft dies auf das Glück zu? Ist Glück teilbar? Das Philosöphchen schweigt dazu. Ist auch besser so. Nur nicht festlegen. Für Blabla kann man/frau nicht belangt werden, für nachgewiesene Dummheit schon: Si tacuisses, philosophus mansisses — hättest du geschwiegen, wärst du Philosoph geblieben (frei nach Boethius).

AS „Leute wie ich zum Beispiel sind in einer sehr privilegierten Position. Ich habe die Zeit, ich habe die Muße, ich habe den Raum darüber nachzudenken, wer ich bin, wer ich sein möchte, wer ich auf keinen Fall sein möchte, doch immer wieder werde und so weiter. Und das ist sozusagen ein Privileg, und Teil dieses Privilegs ist es auch immer daran zu erinnern, dass andere das nicht haben und sich dafür einzusetzen, das zu ändern.“

Schau an, Philosöphchen sieht sich als privilegiert. Und das zu Recht, auf mindestens vierfache Weise: (1) Nichts zustande zu bringen außer Gelaber. (2) Dieses Gelaber dann gedruckt zu bekommen — „Parturient montes, nascetur ridiculus mus“ — Die Berge kreißten und gebaren eine lächerliche Maus (Horaz) – (3) dann dafür bezahlt zu werden. (4) Und zu guter Letzt sogar noch gelobpreist werden! Wenn das nicht wahres, multiples Glück ist. — Selig sind die geistig Armen

RH „Hat die Suche nach dem Glück Selbstverwirklichung, aber heute noch eine Berechtigung angesichts von Klimaschock und Coronakrise?“

AS „Ein Glück beginnt damit, dass wir darüber nachdenken, wie wir uns selbst und den anderen und dem Leben gerecht werden, da liegt genau in der Krise die Notwendigkeit zu überlegen, was uns eigentlich wirklich glücklich macht. Ich kann Ihnen das ganz klar beantworten. Am glücklichsten machen Menschen, menschliche Beziehungen, tiefe menschliche Beziehungen. Das kostet nichts. Das kostet Zeit, das kostet Liebe, aber es kostet kein Geld.“

Doch gegebenfalls die Gesundheit oder das Leben. Tiefe menschliche Beziehungen? Zwischen Folterer und Gefoltertem?, wie sie Doğan Akhanlı in seinem Roman Fasıl beschrieb? Erlebnisse, die sein späteres Leben prägten, auf die er aber gern verzichtet hätte. Von wegen:

RH „Das Glück ist also oft nur den sprichwörtlich einen Schritt entfernt. — Zuletzt noch die Frage an die Glücksphilosophin, was sind Ihre ganz eigenen Glücksmomente?“

AS „Wenn ich mich mit einem Menschen unterhalte und austausche, wenn das Kind morgens zum Kuscheln kommt, wenn ich etwas sehr gutes zum Essen habe, wenn ich ein frisches Buch aufschlage, das ich noch nicht kenne, wenn ich in der Sauna daliege, nachdem ich mich abgekühlt habe, wenn ich das erste Mal das Meer sehe nach einer langen Zeit, beim Anblick erster Schlupf?-Vögel und Pflanzen…“

Die zufällig? befragten Passanten scheinen weiter zu sein als die von Herold zur Glücksphilosophin Gekürte. Denn sie haben erkannt: Glück ist relativ, auf die eigene Person bezogen und wird nur reflexiv bewusst und gewusst. Γνῶθι σεαυτόν – Erkenne dich selbst – lautete einer der auf dem Apollon-Tempel, der Orakelstätte in Delphi in Stein gemeißelten Sprüche.

Fazit: Statt von Schirachs Gewäsch zu konsumieren, seien aufgeklärten Menschen die Weisheiten der Sieben Weisen empfohlen. Deren Sprüche sind kurz, präzise und bedenkenswert — und zudem auch noch als Buch pekuniär wesentlich günstiger erhältlich.

Gutmenschen-Hybris vs. Kants kategorischen Imperativ

Für Kant heißt Aufklärung zunächst/vor allem Vernunftkritik. Von ihm können wir lernen, was es für einen Aufklärer heißt, weise zu sein, sprich vernünftig zu leben: i.e. vernünftig zu denken und zu handeln.

Unter Bezug auf die Kritik der praktischen Vernunft (Seitenverweise nach AA) sind folgende Aspekte relevant:

  1. Bezug von Theorie und Praxis

Für Kant waren sowohl spekulative/theoretische als auch praktische Vernunft: reine Vernunft. (159) Doch nur die praktische Vernunft helfe uns über die Sinnenwelt hinaus und verschaffe uns Erkenntnisse von übersinnlicher Ordnung und Verknüpfung. (190) In der Verbindung von reiner spekulativer und reiner praktischer Vernunft zu Erkenntnis hat letztere insofern das Primat. (218)

Fazit 1: Handeln hat den Vorrang vor dem Denken. Gut zu sein erweist sich im Handeln.

2. Der Mensch als Zwitterwesen

Möglichkeitsbedingung der praktischen Vernunft sei, dass jede handelnde Person zugleich Noumenon, d.h. reine Intelligenz, als auch Erscheinung sei: Als Erscheinung unterliege sie der Kausalität nach Naturgesetzen, als Noumenon sei sie ein nicht der Zeit nach bestimmtes Dasein — Heidegger greift in Sein und Zeit auf diese Fragestellung zurück —, d.h. als Noumenon ist der/die Handelnde von allem Naturgesetze frei: er/sie unterliegt der Kausalität nach Freiheit. (206)

Fazit 2: Der Mensch ist sowohl Erscheinung (Materie) als auch Geistwesen (Noumenon).*

3. Zur Willensfreiheit des Menschen

Freiheit aber ist ein Postulat: ein zwar theoretischer, aber kein erweislicher Satz (!!), (220) d.h. reiner Vernunftglaube. (226) Denn ein Postulat kann durch spekulative Vernunft weder bewiesen, noch widerlegt werden. (257) Immerhin sei Freiheit die einzige von insgesamt drei Ideen (neben der Idee der Freiheit postuliert Kant noch die Ideen Gott und Unsterblichkeit), wovon wir a priori wissen: weil bzw. insofern sie die Bedingung des moralischen Gesetzes sei. (5)

Fazit 3: Frei ist der Mensch, wenn überhaupt (!), nur in seinem Willen, d.h. als Handelnder.

4. Vom Wesen vernünftigen Handelns

Laut Kant wissen wir also nicht, ob der Mensch überhaupt in seinen Handlungen frei ist oder nicht. Willensfreiheit ist von Kant lediglich postuliert, um sittliches Handeln (und das höchste Gut als Gegenstand sittlichen Handelns) überhaupt begründen zu können: Das höchste Gut sei nur durch Freiheit des Willens hervorzubringen. (203) Wenn jedoch das höchste Gut sich nur im Rahmen der eigenen Vernünftigkeit aus Freiheit begründen lässt, so ist intersubjektive Gültigkeit sittlicher Normen nicht diktierbar! (Selbst von Gott nicht!) Sie ist überhaupt nur erreichbar, wenn diese Normen von (ausnahmslos) allen! Vernunftwesen, sprich Menschen, aufgrund ihrer Vernünftigkeit geteilt werden können. Daher formuliert Kant den kategorischen Imperativ wie folgt:

„Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.“ (54)

Fazit 4: Sittlich, weil vernünftig, ist das Handeln des Einzelnen, wenn zu erwarten ist, dass dieses Handeln von allen Vernunftwesen (Menschen) als zumindest (einspruchslos) akzeptabel angesehen ist.

5. Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung

Das von Kant gleichwohl zu benennen angestrebte Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung (Prinzip a priori) muss also so gefasst sein, dass es allgemeingültig ist. Es muss folglich ein Wert a priori sein, der aus der Kausalität nach Freiheit resultiert. Im Unterschied zur Kausalität nach Naturgesetzen zielt die Kausalität nach Freiheit nicht auf Ursache(n) als Letztbegründung, sondern auf Zwecke. Das höchste Gut ist folglich der notwendige höchste Zweck. (207) Dementsprechend lässt sich das Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung nun wie folgt setzen:

„Daß, in der Ordnung der Zwecke, der Mensch (mit ihm jedes vernünftige Wesen) Zweck an sich selbst sei, d. i. niemals bloß als Mittel von jemandem (selbst nicht von Gott) ohne zugleich hierbei selbst Zweck zu sein, könne gebraucht werden, daß also die Menschheit in unserer Person uns selbst heilig sein müsse, folgt nunmehr von selbst, weil er das Subjekt des moralischen Gesetzes“ ist. (237; Fettdruck: im Original gesperrt gedruckt)

Fazit 5: Die reine praktische Vernunft kann nur ein (einziges) allgemeines Gesetz formulieren. Der zunächst formulierte kategorische Imperativ ist als das höchste Gut (241) und reine moralische Gesetz, (258) das uneigennützige Achtung fordere, (266) entsprechend so zu präzisieren:

Handle so, dass du jeden Menschen niemals bloß als Mittel, sondern als Zweck an sich selbst gebrauchst.

Schlussfolgerung

Wenn Gutmenschen also unterstellen, allein im Besitz sittlicher Werte zu sein, so ist das eine ungerechtfertigte Anmaßung, weil ihr Anspruch dem Prinzip der Allgemeingültigkeit widerspricht. Im Gegenteil: Indem sie anderen moralische Integrität absprechen, gebrauchen sie diese als Mittel zur Abwertung, also um ihre eigenen Zwecke in eigennütziger Absicht, und d.h. dem Allgemeinheitsgrundsatz zuwider, also widerrechtlich durchzusetzen.


*In Beilage VII seines Buchs Über die Lehre des Spinoza in Briefen an den Herrn Moses Mendelssohn (²1789) stellt Friedrich H. Jacobi daher die Frage: „hat der Mensch Vernunft; oder hat Vernunft den Menschen?“ (Meiner A, 286) und antwortet: „Ich nehme den ganzen Menschen, ohne ihn zu teilen“ (287) und so trifft denn beides zu…

W. Lübcke, Märtyrer von Nazi-Gnaden

Verena Glanos und Joana Voss, Urteil im Mordfall Lübcke, Kulturzeit, 28.1.2021

Ade, Walter Lübcke

Verena Glanos und Joana Voss beginnen ihren Kulturzeit-Beitrag mit der Einblendung eines Zitats des Ermordeten:

„Es lohnt sich, in unserem Land zu leben. Da muss man für Werte eintreten.“ (im Original sogar in Großbuchstaben)

Im Anschluss daran behaupten sie:

Walter Lübcke zahlte sein Eintreten für Werte mit dem Leben.“

Was auffällt, ist die mangelnde Reflexionsbereitschaft: sowohl auf Seite des Ermordeten als auch auf Seite der ihn Glorifizierenden. Beiden Seiten sei gesagt: Für Werte eintreten ist kein Ausweis von Gut-heit (oder Bös-heit). Auch der Mörder hat Werte; und auch er möchte, dass es sich lohnt, in unserem Land zu leben

Also:

kommt es darauf an, die Werte, für die man/frau (jeweils) eintritt, a) zu bestimmen und b) zu begründen, und zwar — nach demokratischer Gepflogenheit — in einem (nach Möglichkeit herrschaftsfreien) Diskurs. Denn was die wahren Werte sind, steht nicht a priori fest und kann — nach Kant — durch reine spekulative Vernunft gar nicht a priori entschieden werden. — Wertsetzung ist, wenn sie überhaupt in der Macht der (reinen praktischen) Vernunft liegt, ein Akt der Freiheit. — Es ist also ein Diskursverfahren nötig. Doch diesen Diskurs verweigerte Lübcke und verweigern alle, die ihn zu einer Märtyrerfigur aufbauen.

— Ein Märtyrer mag (der zu Lebzeiten wenig bekannte Provinzpolitiker) Lübcke durchaus sein, aber das ist nicht die zunächst und hier entscheidende Frage.

Die Grundfrage lautet vielmehr: Welche Werte sind es, für die Lübcke eintritt?

Nun könnte man/frau wie die Autoren sagen:

„christliche Weltanschauung und flüchtlingsfreundliche Politik“.

Doch sind das überhaupt Werte? Und welche Bedeutung haben diese Werte in der deutschen Gegenwartsgesellschaft?

Dazu drei Anmerkungen:

1) Sind christliche Werte — wie immer sie konkret gefasst sein mögen — überhaupt mehrheitsfähig?

Dass das Christentum zunehmend an Bedeutung verliert — auch dank der hunderttausenden zugeströmten islamistisch sozialisierten Flüchtlinge und der Millionen türkischer und türkisch-kurdischer Einst-„Gastarbeiter“ und deren Nachkommen und Nachgezogenen — ist (völlig wertfrei betrachtet: der bloßen Anzahl nach) Fakt. Ob christliche Werte (überhaupt) noch mehrheitlich Relevanz besitzen, ist also fraglich. Fraglich ist folglich auch, ob diese Werte Politik (überhaupt noch) legitimieren, ja oktroyieren dürfen.

2) Ist flüchtlingsfreundliche Politik überhaupt ein Wert?

a) geschichtlicher Legitimierungsversuch:

Im altgriechisch-römischen Kontext — der ja gern pauschal (!) zur Werteabsicherung herhalten muss — mit Sicherheit nicht: In den griechischen Stadtstaaten waren nur Fremde, d.h. Griechen aus anderen Städten geduldet, wenn sie Steuern zahlten (!) und Barbaren, wenn überhaupt, nur als Sklaven. Im Imperium Romanum war das ähnlich. Da also die Begründung unter Verweis auf die griechisch-römische Tradition versagt, bleibt unter Bezug auf geschichtliche Legitimation nur der Rekurs aufs Christentum. Und dass christliche Herrscher des Mittelalters mit Nicht-Landsleuten, insbes. Nicht-Christen nicht gerade lieb und fürsorglich umgegangen sind, ist ebenfalls Fakt. Auch in der Moderne hat sich am Abgrenzungsgrundsatz grundsätzlich nichts geändert. Die Gründung und Selbstbehauptung der Nationalstaaten machte die Differenz zu den je anderen gar zur Voraussetzung. (Im Frei-Klein-Staat Bayern sagt man/frau gern: Mia san‘ mia.)

b) politischer Legitimierungsversuch:

Also bleibt statt geschichtlicher Legitimation nur der Blick auf die Politik der Vor- und Nach-Weltkriege-Zeit. Damit sind wir beim Lieblingsthema der Gutmenschen. Ein Guter zu sein, Gutmensch zu sein heißt für sie: aus dem Holocaust gelernt zu haben — in christlicher Diktion gesprochen confiteor: mea culpa, mea maxima culpa!! — und alles Nationale so weit möglich zu nihilieren und delegitimieren. Und so kommt es zu der bekannten Umwertung der Werte. Die Fremden und damit ihr Fremd-sein wird zum Wert an sich erhöht und erhält den Primat gegenüber dem ihm Entgegengesetzten, also dem Nicht-Fremden, dem Eigenen, das entsprechend abgewertet wird. (Wobei gar nicht darüber nachgedacht wird, was das Eigene denn überhaupt sein könnte!)

3) Wie demokratisch ist Lübckes Statement?

Das von den Autoren Glanos und Voss verkürzte Zitat Lübckes geht im Originalwortlaut wie folgt weiter:

„und wer diese Werte nicht vertritt, kann jederzeit das Land verlassen, wenn er nicht einverstanden ist.“

Typisch Gutmensch: Statt in einen Diskurs einzutreten, verweigert Gutmensch Lübcke den Diskurs. Noch schlimmer: Er wertet alle Deutschen, die nicht seiner Ansicht sind, als unwert ab, in Deutschland zu leben. Er will nicht mit ihnen reden, er will sie nicht sehen, er will nicht mit ihnen zu tun haben. Er will, dass sie das Land verlassen. Er will die Diktatur der Gutmenschen.

Welch ein Demokrat, der da hofiert wird.

Zeit der Sophisten. Scobel, Eilenberger und Gabriel im Verkaufsförderungskarussell

„Kulturzeit extra: Der philosophische Jahresrückblick 2020“, Kulturzeit vom 18.12.2020

Wolfram Eilenberger im Gespräch mit Markus Gabriel – Für einen neuen Existentialismus!, SFR, 6.12.2020

Eine Zeit der Krise — wie die Corona-Zeit — ist immer auch eine Zeit der Chance für ansonsten mittelmäßig erfolgreiche Welterklärer, sich als alle anderen Mitbewerber*innen überragende Meister der Krisenbewältigung zu profilieren und d.h. zu inszenieren und: inszeniert zu werden.

Einer der bereits etablierten Inszenierer ist Gerd Scobel. Auf Kulturzeit darf/muss er immer dann ran, wenn die geplante Sendung ein (pseudo-)philosophisches und/oder -wissenschaftliches Niveau erreichen soll/könnte, das über den üblichen Gequake-Level hinaus reicht. So wurde er denn ausersehen, den Kulturzeit-Jahresrückblick zu moderieren. In der Kulturzeit-Sondersendung vom 18.12.2020 erklärte er das Jahr 2020 im Rückblick zu einem Jahr der Philosophie:

„2020. Dürre und verheerende Waldbrände weltweit, der Klimawandel. Dann, zu Beginn des Jahres die Pandemie. Sars-Cov-2 fordert viele Tote. Leergefegt sind die Straßen in den Hauptstädten der Welt. Schwere Zeiten, aber einen schönen guten Abend, meine Damen und Herren bei Kulturzeit. Hegel, dessen 250. Geburtstag in diesem Jahr gefeiert wurde, definiert die Philosophie als ein Erfassen der Zeit in Gedanken. Reicht Ihnen das? Auch Bilder und Symbole müssen ja eingefangen und interpretiert werden. Und, dann zunehmend nicht nur Gedanken, sondern vor allem auch Daten. Um unsere Gegenwart philosophisch zu erfassen, ist heute anderes und mehr nötig als damals.

[an auszuwertendem Material vielleicht; sicherlich aber nicht an gedanklicher Arbeit — oder sind wir in der Zwischenzeit, ohne es zu merken, zu Übermenschen mutiert, die mehr vermögen als nur die Anstrengung des Begriffs?]

Für uns ein Grund, bei Kulturzeit heute statt eines klassischen Jahresrückblicks zu versuchen, unsere Gegenwart unter heutigen Bedingungen philosophisch zu bestimmen. Warum philosophisch? Weil in diesem Jahr Philosophie vielleicht das erste Mal seit Jahrzehnten eine zentrale Rolle spielte, als es darum ging, die Gegenwart nicht nur zu verstehen, sondern auch Gesellschaft und Politik gut zu steuern.

[Welch Plädoyer für die Re-Etablierung politischer Philosophie in praxi! Daran ist bekanntlich schon Politik-Berater Platon voll gescheitert…]

Philosophie gehört nach wie vor als ein zentrales Element zum umfassenden Prozess der Aufklärung, über die wir in dieser Sendung noch zu sprechen haben nicht nur mit Blick auf Trump oder das Klima. Allerdings reicht es nicht, sich mit der Rolle der kritischen Prüfung althergebrachter Paradigmen zu begnügen. Wie Anna Riek zeigt, muss es auch darum gehen, dem, was marode ist, neue zukunftsbezogene Narrative entgegenzusetzen.“

Im Anschluss an den Beitrag Rieks dann gab Scobel dem neuen TV-Philosophen-Stern Wolfram Eilenberger Gelegenheit, seine Weisheiten kundzutun. So wie zuvor Prechts begann auch Eilenbergers Karriere damit, nicht nur einen, sondern gleich zwei Bestseller gelandet zu haben. Quantität = Qualität lautet die Devise der nivellierten Bildungsgesellschaft, sprich: wer viel verkauft, muss viel zu sagen haben. Der muss ins Fernsehen!

ScobeI leitete denn das Gespräch mit Eilenberger auch wie folgt ein:

„Im Studio begrüße ich jetzt den Philosophen, Schriftsteller und Publizisten Wolfram Eilenberger, ehemals Chefredakteur des Philosophiemagazins und Autor der beiden Bestseller Zeit der Zauberer und Feuer der Freiheit.“

Selbstredend waren die beiden Super-Bücher auch so positioniert, dass man/frau sie wie auf einem Verkaufsstand während des ganzen Interviews vor das Gesicht gesetzt bekam: eine indirekt und doch plump ausgesprochene Kaufempfehlung.

Die anschließende Unterhaltung unter Freunden – Eilenberger wurde geduzt – entwickelte sich dann auf erwartet dürftigem TV-Verkaufsförderung-Niveau: Weitere potentielle Käufer*innen sollen ja zum Kauf ermuntert und nicht abgeschreckt werden:

G.S. „Wolfram, bei allem Negativen war in meinen Augen dieses Jahr ein Jahr der Philosophie. Kant hätte möglicherweise gesagt, das war ein Ereignis. Teilst Du diese Ansicht? Und warum, glaubst du, wenn ‘s so ist, dass Philosophie wieder so gefragt ist?“

W.E. „Ich denke, es ist ein Jahr, das uns allen sehr zu denken gegeben hat, weil tiefe Störungen in unserem Weltverhältnis uns ermöglichen, grundlegende Fragen zu stellen, auch die ganze Komplexität unserer Lebenswelt wieder in den Blick zu geraten und, ja, ich denke, 2020 war in diesem Sinne ein Jahr, das uns zu denken gab, zu philosophieren gab und vielleicht nach 1989 das wichtigste Schwellenjahr meiner Generation.“

G.S. „Was macht denn Philosophie anders als beispielsweise die Wissenschaften?“

W.E. „Na, die Philosophie hat erst mal keine eigenen Experimente. Sie stellt auch keine Tatsachen im eigentlichen Sinne fest. Sie generiert sie auch nicht neu. Ich glaube, die Kunst der Philosophie besteht darin, Klarheit durch begriffliche Analyse zu schaffen, uns von Kernillusionen unseres Daseins zu befreien, damit wir eine klarere Sicht auf die Welt, auf die anderen Menschen und uns selbst bekommen.“

Ca. zwei Wochen vor diesem Auftritt in der Kulturzeit, am 6.12.2020, wurde Eilenberger im SRF sogar die Ehre zuteil, einen weiteren Superstar der TV-Philosophenzunft, den Universitätsprofessor Markus Gabriel zu interviewen.

In seiner Anmoderation stellte er Gabriel als den Guru

„einer radikal neuen Philosophie, die unsere Kultur von ihren tiefsten, ja todbringenden Irrtümern heilen will“, 

vor. Schleimerischer geht‘ s kaum noch.

Und was sind diese Irrtümer, von denen uns Gabriel – in Eilenbergers Schleimerei-Gequake

„einer der aufregendsten Denker unserer Zeit“

– durch „Intervention in den Zeitgeist“ (Gabriel) befreien will? — Es sind vornehmlich die folgenden drei Geißeln, die von Gabriel mit den Schlagwörtern Physikalismus, Neurozentrismus und moralischer Nihilismus tituliert werden.

Dass diese Erkenntnis Gabriels entgegen der Eigen- und Fremdstilisierung nicht allzu revolutionär sein kann, zeigt schon der Fakt, dass eine andere TV-Größe jüngst über die Unberechenbarkeit des Lebens schwadronierte. TV-Vorzeigewissenschaftler Harald Lesch veröffentlichte mit Thomas Schwartz (nebst Zuarbeiter Simon Biallowons) das in quantitativer wie qualitativer Hinsicht recht dünn ausgefallene Büchlein Unberechenbar.

Auch die Autoren von Unberechenbar, Das Leben ist mehr als eine Gleichung, plädieren für eine Entmystifizierung des Glaubens an die Berechenbarkeit von allem mittels der „Prinzipien, die der Physik und der Mathematik zugrunde liegen“. (12) Freilich geht ihre Kritik nicht so weit, das Wissenschaftsparadigma per se infrage zu stellen: schließlich leben sie — und das recht gut — von der Wissenschaft im universitären Wissenschaftsbetrieb.

Indem sie das „Anything goes unserer Zeit“ (117) verurteilen, prangern sie zudem auch „die scheinbare Entgrenzung des Lebens und der Moral“ und damit den moralischen Nihilismus an. (eb.)

Wo also ist das radikal Neue, das Gabriel für seinen Entwurf in Anspruch nimmt? Es existiert schlichtweg nicht! Alles nur sophistisches Geplänkel: Verkaufsrhetorik…

Konkurrenz belebt das Geschäft,

Pseudo-Konkurrenz erst recht!

Anmerkungen zum Buch „Unberechenbar“

Harald Lesch und Thomas Schwartz und unter Mitarbeit von Simon Biallowons, Unberechenbar. Das Leben ist mehr als eine Gleichung, Freiburg im Br., 2020

Ob Mutti dieses Machwerk in Auftrag gegeben hat? Diesen Aufruf zur grenzenlosen Verdummung? Zwei Stellen mögen genügen, um die (versteckte) Intention der Autoren Harald Lesch, Thomas Schwartz (und Simon Biallowons als Mitarbeiter) vorzuführen:

1 „Vorab: Sollte im Folgenden der Eindruck entstehen, wir wären Dorfromantiker, dann ist das nicht etwa irreführend, im Gegenteil, wir sind tatsächlich Dorfromantiker. Aber keine naiven.“ (127)

2 „Gesellschaftsspiele haben in der Corona-Krise geboomt. Klar, man war auf die kleinen Beziehungsräume von Familie oder WG zurückgeworfen und hatte jede Menge Spielzeit. Es war ein zeitlicher Freiraum entstanden, der gefüllt werden musste und bei dem das Gesellschaftsspiel, egal ob Skat, Trivial Pursuit oder Siedler von Catan, wieder oder sogar neu entdeckt wurde.“ (149f.)

Die nachfolgend geschilderte Episode aus dem Leben des Vorsokratikers Heraklit möge dazu dienen, Pseudoweisheit vs. Weisheit klar zu kontrastieren. Von Heraklit ist uns – nebst etlichen Fragmenten – überliefert, dass er, einer von denen, die in seiner Stadt Ephesos das Sagen hatten, einst floh, um im außerhalb der Stadt gelegenen Artemis-Tempel Asyl zu suchen. Dort saß er dann und spielte (Würfel) mit den Kindern.

Dazu 2 Kurzkommentare:

1

Vorsokratische und sokratische Philosophie entwickelten sich in den Metropolen ihrer Zeit und nicht in den Dörfern. In denen lebten nur einfältige Bauern; einfältig: weil sie ihre Zeit zum Überleben und zur Reproduktion nutzen mussten und nur dazu nutzen konnten. Grundvoraussetzung für das Denken ist Muße, σχολή (Phaidros 228a.) — Im Neugriechischen bedeutet σχολή Schule. — Muße entsteht nur aufgrund der Entlastung vom Alltag. — In der Schule sollen die Kinder vom Alltag entlastet lernen. — Dies war in den arbeitsteiligen und mit Sklaven reichlich bestückten Städten weit eher gegeben als in (abgelegenen) Dörfern. Denker – damals wie heute – sind zudem auf den Umgang mit anderen Denkern angewiesen. Insbesondere aus den Dialogen Platons mit diversen Gesprächspartnern unterschiedlichster Couleur wird dies überdeutlich.

Sokrates bezeichnet sich als φιλομαθής, als Lernfreund und führt mit der ihm typischen unterschwelligen Ironie näher aus, von wem er sich denn Belehrung erhofft:

τὰ μὲν οὖν χωρία καὶ τὰ δένδρα οὐδέν μ᾽ ἐθέλει διδάσκειν, οἱ δ᾽ ἐν τῷ ἄστει ἄνθρωποι.

weder Felder noch Bäume wollen mich lehren, aber die Menschen in der Stadt. (Phaidros 230d)

2

Spiele spielen ist etwas für Kinder. Sie dien(t)en zur Charakterdiagnostik und -bildung, zur Erziehung und Vorbereitung auf das Erwachsenenleben als Mann im bzw. für den Staat. (Auch dies ist bei Platon, u.a. in Politeia, detailliert nachzulesen.) Es kam darauf an, im politischen Leben der Stadt zu bestehen. Dazu musste man sowohl körperlich als auch geistig fit sein. Körperlich, weil kriegerische Auseinandersetzungen die Regel und nicht die Ausnahme waren; geistig, weil man die politischen Spiele der Stadt durchschauen musste, um sie zu beherrschen (und nicht von ihnen beherrscht zu werden). — Wurde man z.B. angeklagt, so musste man sich selbst verteidigen. (Schulungen hierzu offerierten die Sophisten…)

Auch wenn wir Heutige uns (eher) nicht politisch engagieren (müssen), so gilt auch für uns: uns aus unserer selbstverschuldeten Unmündigkeit zu befreien (Kant). Depperlspiele spielen hilft da nicht weiter, sondern nur (Selbst-)Bildung.

Was die drei Pseudoweisen verschweigen

Analog zur Pädagogik, Kinderführung/-leitung, entwickelt und formuliert Platon Grundsätze der ψυχ-αγωγία, der Führung/Leitung der Psyche, für Erwachsene. (Phaidros, 271c) Doch solch ein Plädoyer für Bildung fehlt in der Schrift der drei Pseudoweisen aus Deutschland. Und das ist auffällig. Denn Lesch und Schwartz sind Professoren. (Was der dritte, Simon Biallowons, macht, wird uns nicht verraten.) Sie leben (recht einträglich) davon, den (wissenschaftlichen) Nachwuchs zu belehren. Wenn Sie also das Thema Bildung geflissentlich übergehen, so muss das einen Grund haben.

Und so unterstellen wir: Sie wollen einlullen.

Ihre eigentliche Rede — Schwartz ist Theologe — lautet:

Das Leben ist nicht berechenbar, ihr Bürger*innen. Krisen wie die jetzige sind Teil des Lebens. Da müssen wir durch. Fürchtet euch nicht! Und so werdet ihr der Verzweiflung resilient widerstehen! Wir schaffen das! Wir haben so vieles geschafft. Wir schaffen das! Auch Corona schaffen wir! Vertraut auf eure Führer, ihr Bürger*innen. Euer aller Mutti wird‘s schon richten. Sie entlastet euch vom Denken. Seid dankbar, ihr Dörfler, und amüsiert euch frohgemut in der Zwischenzeit, bis es wieder aufwärts geht, mit Gesellschaftsspielen.

Pfarrerstochter Mutti und Pfarrer Schwartz wissen:

Selig die Armen im Geist, denn ihr ist das Reich der Himmel (Matthäus, 5:3)

schon auf Erden,

hurra!!

Kurt Pelda über Islamistischen Terror

Cécile Schortmann, Islamistischer Terror – Gespräch mit Kurt Pelda, in „Kulturzeit“ vom 26.11.2020

Florian Flade und Volkmar Kabisch, Ein Netzwerk und eine neue Generation, tagesschau.de, 11.11.2020

Weltweites Entsetzen über Terrortat, tagesschau.de, 29.10.2020

Sabine Wachs, Paris erinnert an ermordeten Lehrer, tagesschau.de, 21.10.2020

Christof Haverkamp, So führte Karl der Große das Christentum ein, Osnabrücker Zeitung online, 29.01.2014

Immanuel Kant, Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? 1784

Auf die diversen islamistischen Anschläge in Frankreich und Österreich in jüngster Zeit hin bat die Kulturzeit Kurt Pelda zum Gespräch mit Moderatorin Cécile Schortmann. Peldas Antworten dürften Gutmenschin Schortmann entsetzt haben…

C. Sch. Welche Rolle sehen Sie für die Entwicklung des Islamismus in den Karikaturen von Charlie Hebdo?

Statt des von Schortmann erhofften Charlie Hebdo-Bashings verteidigt Pelda in seiner Antwort (s.u.) jedoch die Karikaturen – trotz der (zu erwartenden) Wirkungen von Seiten der darauf (wie erwartet) intolerant Reagierenden:

K. P. Naja, die Karikaturen beschäftigen uns schon seit Jahren. Sie wurden jetzt neu veröffentlicht, und das war natürlich so eine Art Katalysator. In früheren Jahren hätte man einfach in der muslimischen Welt demonstriert. Da wäre vielleicht das eine oder andere französische Konsulat angezündet worden. Und heute köpft man Menschen auf offener Straße in Europa. Also wir sehen hier, dass es eine gefährliche Tendenz ist, der wir Einhalt bieten müssen.

 

C. Sch. Einhalt bieten, wie?

 

K. P. Naja, wir lassen die Extremisten, das ist eine kleine Minderheit unter allen Muslimen, die hier in Europa leben, die kleine Minderheit lassen wir gewähren. Und wir geben ihnen sehr oft auch das Wort in Form von Islamverbänden, die sich zum Teil gemäßigt geben, in Wirklichkeit aber eigentlich dieselbe Ideologie verfolgen, vielleicht nicht zur Gewalt aufrufen, aber dieselbe Ideologie vertreten wie al-Kaida oder noch schlimmere Terrorgruppen.

Unsere naiv-dümmlichen Politiker freilich feiern sich immer noch für ihre, von ihnen ja initiierte Islam-Konferenz-Unterwürfigkeit, die nichts gebracht hat, als islamistischen Positionen ein Forum zu bieten und sie aufzuwerten…

C. Sch. Jetzt sagen Sie eine Minderheit, aber wir haben ja gerade gesehen, dass vielleicht auch andere Muslime, nicht nur Islamisten, inzwischen eine Art Kulturkampf beschwören.

Auch hier wieder der Versuch Schortmanns, einer Dhimmi, den Intoleranten nachzugeben, um jede Auseinandersetzung a priori zu vermeiden und die eigene Schwäche zu kaschieren und zu rechtfertigen.

Wenn man jetzt den französischen Staat anguckt, was für eine Möglichkeit hat er denn, die wieder von seinen Werten zu überzeugen und wieder zurückzuholen?

Gutmenschen wie Schortmann sind so in ihrem Gutmenschentum der Unterwürfigkeit unter das Diktat anderer gefangen, dass sie nicht begreifen (können) und (folglich) nie begreifen werden, dass Islamisten nie die Werte der Aufklärung akzeptieren werden.

Kant: „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. […] Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen.“ (im Original kein Fettdruck)

Denn der Islam ist per se geistlos. — Kleine Jungs wetteifern schon mal, wer den Längsten hat. Der Koran feiert den Längsten als Ersten. Hurra! Er beginnt mit der längsten Sure und endet mit der kürzesten. Großartig genial, nicht wahr! — Doch, Hand aufs Herz, wer würde einen Roman (geschweige denn gar ein wissenschaftliches Werk) lesen, dessen Kapitel nicht nach logischer Stringenz, sondern nach Länge geordnet sind? — Aber das Heilige Buch darf das. Denn es darf (als solches) gar nie nicht kritisiert werden. So wie Mohammed, der Analphabet, Kinderficker und Massenmörder als (der) Prophet nicht kritisiert werden darf. — Freilich war auch das Christentum nicht zimperlich bei der Zwangsmissionierung per Köpfen der Renitenten, siehe Karl der Große der Sachsenschlächter. Doch der war der nur ein Mensch… —

Frage (an Gutmenschin Schortmann): Wie soll ein herrschaftsfreier Diskurs — von dem ja alle (Kulturzeit-)Linken träumen — (insbesondere) mit denen möglich sein, die die eigene Herrschaft absolut setzen? und nur Unterwerfung (anti-aufklärerisch „unter Leitung eines anderen“) kennen?

K. P. Naja, ich glaube die große Mehrheit der Muslime, das ist die schweigende Mehrheit der Moderaten. Und die Leute, die wir [im vorausgehenden Beitrag] gesehen haben, betend auf den Straßen von Paris, das waren Salafisten, das waren keine Moderaten. In der muslimischen Welt geht niemand auf der Straße am Freitag beten. Das passiert höchstens mal im Ramadan, wenn die Moscheen voll sind. Gebetet wird in der Moschee oder zuhause. Wer das hier in Europa auf der Straße oder auf öffentlichen Plätzen tut, er will eine Reaktion provozieren.

 

C. Sch. Ein Versuch ist es, das haben wir gerade gehört, und das ist nicht nur in Frankreich so, sondern auch in manchen anderen europäischen Ländern, zum Beispiel in Deutschland, dass man den Islamunterricht kontrolliert, ihn nicht mehr vom Ausland finanzieren und organisieren lässt. Kann dieser Plan gelingen, meinen Sie?

Kontrolle? — Schön wär ’s…:

K. P. Ich glaube, man sollte in diese Richtung gehen. Es sollte sicher mehr Kontrollen in den Moscheen und Koranschulen geben, aber letztlich kann der Staat so etwas gar nicht durchsetzen. Er muss dabei immer mit Moscheen, Moscheevereinen, Verbänden zusammenarbeiten, also er muss diese Verbände irgendwie auf einen Weg bringen, der für die Muslime gut ist und der auch für den Staat, die Demokratie und die Gesellschaft gut ist.

Das ist das Dilemma. So wenig wir die Kirche (von außen) kontrollieren konnten/können, so wenig auch die islamischen Einrichtungen.

C. Sch. Herr Pelda, Sie kennen sich gut aus in den islamistischen Netzwerken. Wie sehen sie denn genau aus? Wer steckt dahinter? Und wie organisieren sie sich europaweit?

 

K. P. Ursprünglich war natürlich al-Kaida und später der IS federführend in diesen Netzwerken. Seit dem Ende des Kalifats des IS haben sie sich zunehmend verselbstständigt. Also man hat diese Ideologie von al-Kaida, der Muslimbrüder, vom IS. Die ist mehr oder weniger identisch, und da gibt es dann Chat-Gruppen auf den verschiedensten Kanälen, telegram, you name it, und da radikalisieren sich junge Leute vor allem gegenseitig, manchmal auch unter Anleitung charismatischer Imame, da spielen YouTube-Videos und andere soziale Medien eine wichtige Rolle; aber sehr oft und das ist eben auch das Neue jetzt, in Wien wurde das klar, dass sich Jugendliche untereinander, junge Männer untereinander radikalisieren ganz ohne Zutun von Imamen. Und das passiert eigentlich alles über soziale Netzwerke im Internet und länderübergreifend, das geht über die Grenzen hinweg. […] Da gibt es auch zum Beispiel Verbindungen in den französischen Teil der Schweiz. Also die islamistischen Netzwerke sind über Landesgrenzen hinweg verknüpft.

 

C. Sch. Ja, der Wiener Attentäter hatte auch Bezug zu einer Moschee in der Schweiz. Aber gucken wir mal speziell in die Schweiz, über dieses Übergreifende hinaus. Wie ist diese islamistische Szene in der Schweiz einzuordnen?

 

K. P. Naja, wir haben natürlich sehr liberale Gesetze für alle Extremisten. Also auch die deutschen Neonazis kommen sehr gerne in die Schweiz, auch die deutschen Islamisten treffen sich gerne hier bei uns, weil man hier eigentlich fast alles darf, und wenn man doch mal bisschen Propaganda macht für den IS wie kürzlich ein Straftäter, ein IS-Sympathisant vor dem Bundesstrafgericht. Der wurde gerade mal mit einer Geldstrafe auf Bewährung verurteilt, also das gibt ‘s in Deutschland so gar nicht: Geldstrafe auf Bewährung. Wir haben eine sehr liberale Haltung. Natürlich zieht dies all diese Extremisten an. In der Regel machen sie keinen Terror hier, weil sie hier Geld sammeln, weil es ein Ruheraum ist, weil man sich hier Waffen besorgen kann. Und jetzt haben halt so Einzeltäter, sogenannte Einzeltäter auch zweimal in der Schweiz zugeschlagen.

[…]“

Und was lernen wir daraus? –:

Nur Dhimmis leben sicher. Also:

Lasst uns alle Dhimmis werden!!

Allāhu akbar!!

 

Femizide in der Türkei: unter der AKP auf Rekordhoch

Anne Brühl, Angst vor dem Mann, Auslandsjournal (ZDF), 6.8.2020

Milena Hassenkamp, Die Türkei ringt mit den Frauenrechten, Spiegel online, 8.8.2020

Jürgen Gottschlich, Geschlagen, gewürgt, verbrannt, taz online, 22.7.2020

Konvention des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, Deutsches Institut für Menschenrechte

Femizid: Es sind keine Einzelfälle, mdr online, 10.6.2020

Patricia Hecht, Besser tot als frei, taz online, 7.2.2020

Clemens Zerling, Vom phallischen Hermes zum weisen Trismégistos. Ein Offenbarungsprinzip und seine bunte Ausdrucksfülle, Basel u.a., 2019

Anton Weiher (Hrsg.), Homerische Hymnen, griechisch und deutsch, [Nachdruck der Ausgabe von 1951] München, 1970

Angesichts des jüngsten Vorhabens des Sultans (siehe Rückeroberung der Hagia Sophia zur Moschee) und seiner „Regierungspartei [AKP…], ein internationales Abkommen zu Frauenrechten zu kündigen“, weist Anne Brühl in ihrem Beitrag darauf hin, dass der bei uns zumeist unter dem Schlagwort „Ehrenmord“ diskutierte Themenkomplex in der Türkei unter Erdoğan massiv zunahm: Im Schnitt stirbt in der Türkei jeden Tag mehr als eine Frau durch häusliche Gewalt.

„Für 2019 hat die Plattform „Wir stoppen die Frauenmorde“ (Kadın Cinayetlerini Durduracağız) 474 derartige Delikte gezählt. Bis auf drei Fälle wurden alle Morde von Ehemännern, Ex-Ehemännern, Lebensgefährten oder anderen Männern aus dem unmittelbaren familiären Umfeld verübt.“ (Gottschlich; im Original kein Fettdruck)

Zum Vergleich:

Jeden dritten Tag wird in Deutschland eine Frau durch ihren Partner oder Ex-Partner getötet.“ (mdr; im Original kein Fettdruck)

In 2019 registrierte das Bundeskriminalamt in Deutschland insgesamt 111 Femizide. (mdr)

Einst gerierte sich die AKP-Türkei gar als Vorreiter:

„Die Türkei hatte das Abkommen des Europarats [„Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“] als erstes Land überhaupt ratifiziert – 2012.“ (Brühl; im Original kein Fettdruck)

Zum Vergleich:

„Deutschland [hingegen] hat[te erst] am 12. Oktober 2017 die Beitrittsurkunde zum „Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“ beim Generalsekretär des Europarats hinterlegt.“ (Dt. Institut…; im Original kein Fettdruck)

Heute will sich der Sultan von seinem einstigen Pseudo-Frauen-Kuschelkurs verabschieden. Er passt nicht (mehr) zur Sultan-Maske.

Auffällig nur, dass unsere Menschenrechtsfreunde (insbesondere die der taz) zwar Gewalt gegen Frauen anderswo, hier: der Türkei, lautstark und vehement verurteilen, sich aber kaum echauffieren, wenn bei uns einer der ach so süßen Flüchtlinge/Migranten auffällig wird. Dann greift sofort die allem übergeordnete Maxime der politischen Korrektheit, sprich Maulkorb, und – wenn nicht zu verleugnen – die Einzelfall-Doktrin plus sofortiger/gleichzeitiger Relativierung. So leitete Patricia Hecht ihren Artikel zum Jahrestag der Ermordung Hatun Sürücüs mit dem Satz ein:

„Die meisten Frauen werden hierzulande von Deutschen ohne Migrationshintergrund umgebracht. Die Öffentlichkeit verdrängt diese Tatsache gern.“ (im Original kein Fettdruck)

Ohnehin verbiete sich social profiling: eine Differenzierung nach Nationalität, Religion und allen sonstigen Kategorien, die „Minderheiten“ als besonders gewaltbereit diskriminieren könnten. –: Sind doch alle* ach so süß, die ach so süßen Migranten (extrem) islamistischer Vorprägung aus Syrien, Afghanistan, Irak, etc. und partiell extremistischer Vorprägung wie z.B. der Nordost-Türkei…

In dem Moment, in dem Migranten die Grenze ihres Heimatlandes überschreiten, gilt ihre islamistische Sozialisation als vergeben und vergessen und sie werden zu ach so süßen Flüchtlingen glorifiziert. Helleluja!

Ist doch der Islam, wenn er denn zu uns kommt, eine – wie es im Gutmensch-Sprech heißt – „Bereicherung“: per se. Lehrt der Koran uns amoralischem, ungläubigem, unaufgeklärtem Kapitalistenpack doch unseren selbstverschuldeten Untergang:

„Jedem Volk ist eine Frist gesetzt; und wenn ihre Stunde gekommen ist, dann können sie (sie) auch nicht um einen Augenblick hinausschieben […]

Die aber, die Unsere Zeichen verwerfen und sich mit Verachtung von ihnen abwenden, die sollen die Bewohner des Feuers sein; darin müßen sie bleiben.“ (Sure 7, Verse 35 u. 37)

Wie lange es wohl noch dauern wird, bis unter den Gutmensch-Dhimmis die Forderung laut wird nach Umkehr des Integrationsgebots: —

Sprich Integration von uns kuffār und kāfirūn unter die Herrschaft des Islam

der — inshallah — zahlreichst uns zuströmenden Besser-Mensch-Importe?

—–

* Alle ist u.a. eine Zuschreibung von allen an eine/n: Gott Pan (zu deutsch „all“) erhielt seinen Namen, weil alle der um Zeus versammelten Olympier „von Herzen […] froh und vergnügt wurden“, als Gott Hermes ihnen seinen wider ihr Schönheitsideal gestalteten, sprich doppelt gehörnten, Ziegenbock-bebarteten und -füßigen Sohn voller Stolz präsentierte:

„Pan aber nannten sie ihn, weil er [sie] alle vergnügte.“ (19. Hymne, An Pan, Vers 45ff, hier 47; siehe auch Zerling, 19f.)

Zum Begriff ‚Geister‘ bei Hölderlin – Kritik von Otts „Hölderlins Geister“

Karl-Heinz Ott, Hölderlins Geister, München 2019

Michael Köhlmeier, Das große Sagenbuch des klassischen Altertums, München, 202019

I

Karl-Heinz Otts Buch, eine der Neuerscheinungen zu Hölderlins 250. Geburtstag, setzt sich zum Ziel, Hölderlins Geister zu benennen und wohl auch zu deuten. Einige Seiten vor dem Schluss seines Buchs schreibt Ott:

„Ums Deuten kommt man nicht herum, es geschieht von allein. Jedes Lesen setzt Assoziationen frei; wir haben sie nicht im Griff, sie schweifen in tausenderlei Richtungen.“ (230)

Diesem Konzeptionsprinzip des Aus- und Abschweifens entsprechend ist Otts Buch aufgebaut. Er kommt vom Hölzchen aufs Stöckchen, aufs Blättchen… Alles in steter Bewegung, ohne Halt, zerschwafelt und zerfaselt; und am Ende bleibt dem Leser nur ein Chaosbrei aus Zitaten, von Rück-, Vor- und Querverweisen, Anspielungen und Deutungsanrissen. Ein Gewoge, hin und her, ohne erkennbaren Faden.

II

Der Titel „Hölderlins Geister“ bereits ist schlecht gewählt. Denn er erinnert fatal an Goethes Gedicht „Zauberlehrling“, in dem es heißt:

„Die ich rief, die Geister,

Werd‘ ich nun nicht los.“

Geht es Ott doch nicht um das Anrufen von Geistern zu einem bestimmten Zauberzweck. Die Auseinandersetzung mit den Geistern erfolgt unter anderen, gleichwohl vagen, in der Schwebe gehalten Rücksichten.

III

Hier (einige) Geister-Stellen aus Otts Buch (ohne Gewähr auf Vollständigkeit) – zunächst geordnet nach dem Fortlauf des Buchs:

  • „die große Gleichheit der Geister […] in Freiheit. Monotheismus und Polytheismus sollen sich nicht nur vertragen, sie sollen eins sein.“ (18)
  • In Hölderlins „vereinigungsseligen Kosmos […] beflügelt sein Weingott die Geister, doch stets mit heiligem Ernst. Von Delirien keine Spur, von Barbarei schon zweimal nicht.“ (37)
  • Wieland stellt fest, dass die Einbildungskräfte sprießen wie selten zuvor, aller Aufklärung zum Trotz. Man sehnt sich nach Geistern und nach Phänomenen, die alle Vernunft übersteigen.“ (51)
  • „Liberale Geister kennen keine männliche Standhaftigkeit, sie schwanken und wanken. Baeumler verabscheut den Liberalismus als weibische Kultur.“ (76)
  • „Von nichts ist bei Hölderlin mehr die Rede als von der Einigkeit und Gleichheit der Geister, nach nichts sehnt er sich mehr.“ (162)
  • Hölderlin im Hyperion: „Von Kinderharmonie sind einst die Völker ausgegangen, die Harmonie der Geister wird der Anfang einer neuen Weltgeschichte sein.“ (179)
  • Hölderlin im Gedicht Hymne an die Jugend: „In der Jugend Strahlen sonnen / Ewig alle Geister sich.“ (223)
  • Der letzte Absatz des Buchs lautet: „Ein bisschen steht um die alte Burse herum noch immer die Zeit still, nicht nur bei Nacht. Hört man Schritte hallen durch die Stille, hört man auch noch anderes. […] Es sind Geister, die nichts von Geistern an sich haben. Gespenster ohne Gespenstisches. Anwesenheit könnte man dazu sagen. Anwesenheit aus naher Ferne, von was auch immer.“ (236)

IV

Diese acht Aussagen ließen sich ex post wie folgt ordnen:

In der Auseinandersetzung mit und gegen Kant entstehe, so Ott, ein neues Bedürfnis nach Metaphysik, nach dem, was die Vernunft übersteigt. (3) Diesem Zeitgeist entsprechend habe Hölderlin seine Einbildungskräfte darauf konzentriert, einen jenseitigen Kosmos der Geister zu entwerfen. Dieser neu, besser: erneut zu schaffende Kosmos der Geister sei bei Hölderlin, so Ott, durch Anwendung der Gestaltungsprinzipien von Einigkeit und Gleichheit zu erreichen. (5) Dies setze – wider das Christentum – die Einheit von Monotheismus und Polytheismus voraus. (1) Diese Einheit wiederum könne aber nur durch den Weingott, sprich Dionysos, gestiftet werden. (2) Sobald durch ihn die Einheit verwirklicht worden sei, wäre die Harmonie der Geister geschaffen, die den Anfang einer neuen Weltgeschichte einleitete. (6) Doch nur jugendliche Dichter vermöchten es, einen solchen Kosmos der Geister zu entwerfen. (7) — Doch was die Geister letztlich sind, bleibt bei Ott offen, (8) außer dass sie – politisch vereinnahmt – (nicht bräunlich, sondern) liberal seien (4):

„Die späten Hymnen […, so Ott] weisen tatsächlich ins Offene“ (227)

So endet das Buch, wie es begann: in geisterhaftem Spuk. Erkenntnisgewinn? Fehlanzeige; auch nach 236 Seiten ermüdendem Lesen nicht auszumachen.

V

Dabei gäbe es durchaus Ansatzpunkte der Bestimmung des Begriffs Geister, auf die Ott jedoch mit keinem Wort näher eingeht:

  • Die Vereinnahmung von Christus als letzten der griechischen Götter bei Hölderlin: Dazu gibt es reichlich Literatur. Insbesondere die Parallelen zwischen Christus und Dionysos sind reichlich diskutiert. Doch von Ott kein Wort dazu.
  • Der Große Pan ist tot“, heißt es (auch) bei Ott. (18) Stimmt. Gott Pan war der erste der griechischen Götter, die starben. (Er stank so sehr nach Ziege, dass die anderen Götter sich weigerten, ihn mitzunehmen, wenn sie auszogen, um von den Kräutern zu essen, die unsterblich machen. Und da er kein Unsterblichkeit erhaltendes Kraut mehr bekam: Pech gehabt.) Der letzte war Dionysos: „die Erlöserfigur in der griechischen Mythologie“. (Köhlmeier, 601)
  • Doch Dionysos wurde, laut Hölderlin, wiedergeboren in Christus, wie auch Ott behauptet. (164) Doch inwiefern? Auch dazu findet sich bei Ott kein Wörtchen. Kein Wörtchen zu den Evangelisten und dem Nachhall der altgriechischen Tradition in ihren Schriften… Kein Wort zum Bezug von Mythos und Logos.
  • Kein Hinweis auf das Zitat, mit dem Hegel seine Phänomenologie des Geistes schließt: „aus dem Kelche dieses Geisterreiches / schäumt ihm [dem absoluten Geist] seine Unendlichkeit“. Hegel zitiert hier die Schlusszeilen eines Gedichts (ohne Titel) aus Schillers Philosophischen Briefen, das im Abschnitt Gott steht, mit dem die Briefe schließen:

„Freundlos war der große Weltenmeister,

fühlte Mangel, darum schuf er Geister,

sel’ge Spiegel seiner Seligkeit.

Fand das höchste Wesen schon kein Gleiches,

aus dem Kelch des ganzen Wesenreiches

schäumt ihm die Unendlichkeit.“

  • Auch in den Räubern finden sich mehrere Stellen, die auf Hölderlin (vor)verweisen, z.B. der Ausdruck Harmonie der Geister. (Erster Akt, erste Szene) Doch Ott geht auf Ähnlichkeiten und Differenzen der Begriffswelt / Metaphorologie (Blumenberg) zwischen Hölderlin und seinen Jugendfreunden Hegel und Schelling ebenso wenig ein wie auf die zwischen Hölderlin und Schiller (von dem Hölderlin sich Unterstützung für das Publizieren seiner eigenen Gedichte erhoffte und dessen Werke er daher sehr genau studiert haben dürfte).
  • Besonders disqualifizierend ist folgende Aussage: „Im Übrigen wissen die Griechen noch nicht, dass es sich bei Dionysos und Apoll um ein klassisches Gegensatzpaar handelt. Das ist Nietzsches Erfindung.“ (36) Welch Blödsinn! Es war Gottvater Zeus selbst, der seine beiden Söhne, Dionysos und Apoll, zu den Herren über Delphi bestimmte. (Von Frühling bis Herbst herrschte Apoll und im Winter Dionysos.) Apoll war es, der sich im und über das Orakel offenbarte. Dionysos offenbarte nicht; er wirkte im Verborgenen, im Dunkeln. Nietzsches Erfindung bestand einzig darin, die beiden Wirkmächte des Verbergens und Entbergens der Natur und ihrer Geschöpfe auf die Welt der Kunst zu übertragen. Noch einmal Köhlmeier:

„Apoll und Dionysos verstanden sich wider Erwarten sehr gut. Warum? Weil sie sich ergänzten zu einem. Und das war die allergrößte Gefahr, die dem Zeus drohte, das hat er wohl nicht vorausgesehen. Nämlich zusammen – Apoll und Dionysos, dass Apollinische und das Dionysische –, zusammen waren sie unschlagbar.

Gemeinsam drängten sie den ganzen großen Götterhimmel schließlich zurück. Und in ihrer Verschmelzung gaben sie einer neuen, einer ungeheuer mächtigen Gottgestalt Charakter – nämlich Jesus Christus.“ (614f.)

VI

Wie heißt es bei Hölderlins Odendichter-Vorbild Pindar über die verschwatzten Gelehrten, über die sich sowohl vorher als auch danach Meister der Sprache (sehr hübsch die Xenien von Goethe und Schiller) ebenfalls köstlichst zu amüsieren wussten, so schön:

             μαθόντες δὲ λάβροι

παγγλωσσίᾳ κόρακες ὢς ἄκραντα γαρυέτων

Διὸς πρὸς ὄρνιχα θεῖον·

ihr Allwissen sei nur Krähengekrächze angesichts des göttlichen Vogels des Zeus. (2. Olymp. Ode, Vers 87ff.)

Die Psychologie des IS

(Jan İlhan Kızılhan u. Alexandra Cavelius, Die Psychologie des IS. Die Logik der Massenmörder, Berlin, München, Zürich, Wien, 2016)

(Samuel Schirmbeck, Der islamische Kreuzzug und der ratlose Westen. Warum wir eine selbstbewusste Islamkritik brauchen, Zürich, 22016)

Aufgrund der vielen Fall-Geschichten, der zahlreichen mit (ehemaligen) IS-Kämpfern und Jesidinnen, denen die Flucht aus den Fängen ihrer IS-Sklavenhalter gelang, geführten Interviews ist die Psychologie des IS in diesem Buch von İlhan Kızılhan, einem Experten für transkulturelle Psychiatrie und Traumatologie, und Alexandra Cavelius, einer Journalistin, nicht deduktiv, aus einem theoretischen Konzept heraus, entfaltet. Dies erschwert es, aus den aus den Fallgeschichten entwickelten, hie und da gezogenen Schlüssen und verallgemeinernden Aussagen eine Systematik zu destillieren.

Grundkonzept

Im Kapitel „Interview mit dem IS-Terroristen Abu Dschihad: Wie ein Henker erklärt, was richtig auf der Welt ist“ (58-102), entfalten die Autoren auf wenigen Seiten anhand dieses einen, als Paradigma dienenden Falls die Psychologie des IS.

Laut den Autoren ist der IS dem entsprechend vor allem Manifestation des Protests und der Rebellion von Jugendlichen in islamisch geprägten Gesellschaften gegen die als „schwach“ erlebten Väter, die Patriarchen ihrer traditionell patriarchalischen Gesellschaften, in denen sie aufwuchsen/aufwachsen. Als moralisch und politisch „schwach“ erlebt werden dabei nicht nur die eigenen Väter, sondern auch der Staat als Über-Vater:

„Der Vater, der als Symbol für einen mündigen Staat steht, kann den Kindern, seinen Bürgern, keinen ausreichenden Schutz und keine Perspektive bieten, weil er selbst schwach, möglicherweise korrupt und in einer Doppelmoral lebend, keine wirkliche Vorbildfunktion mehr erfüllt.“ (83)

Regression in die gute alte Zeit: Der Ur-Islam als Ideal von Gemeinschaft

Folglich wenden sich viele Jugendliche von ihrem als „schwach“ erlebten Staat ab und suchen nach einem Gegenentwurf an Stärke. Zugleich manifestiert sich im Erlebnis der Schwäche der Autoritäten auch das Erleben der eigenen Schwäche.

IS-Rekrutierer sind daher gezielt auf der Suche nach Jugendlichen/Heranwachsenden, die labil, nicht-festgestellt sind. Bekanntermaßen findet die Rekrutierung u.a. vornehmlich in Gefängnissen statt, indem (einstige) Gesetzesbrecher, Kämpfer-gegen, Kämpfer der Destruktion zu (künftigen) Kämpfern-für, zur Wiedererrichtung eines Gottesstaats umgepolt werden:

„Das führt dazu, dass sich viele junge Menschen auf der Suche nach einem islamischen Ideal fast romantisch nach der »alten Zeit« sehnen, ohne wirklich zu wissen, was in Überlieferungen und Geschichtsbüchern darüber berichtet wird. Auf diese Weise sind die Einhaltung der islamischen Regeln und die alte Art, sich nach islamischer Tradition zu kleiden, wieder »modern« geworden. Sie folgen einer Idee, die geprägt ist durch die patriarchalische, arabisch-islamische Vision des »Ur-Islams« aus den Anfangsjahren um 622.“ (83)

Daher wollen die IS-Fanatiker den Ur-Islam re-institutionalisieren. Der Gottesstaat ist keine Utopie, ist nicht etwas (völlig) Neues, sondern zielt im Gegenteil auf die Wiedererrichtung, auf den Sprung in den Anfang. (Wobei wir seit Herklit bereits wissen, dass es nicht möglich ist, zweimal in denselben Fluss zu steigen.) Es handelt sich um eine regressive Bewegung, die die Jetztzeit als Verfall und den einstigen Anfang als Ideal ansieht:

„Die IS-Banden […] wollen eine neue Kultur mit einer neuen Jahresrechnung beginnen und alles zurück auf »null« stellen.“ (95)

in den Köpfen dieser dem IS verfallenen Jugendlichen

„findet eine ideologische Neuorientierung statt. Die jungen Leute sind davon überzeugt, den schwachen Vater [und ihre vormals eigene Schwäche] durch ihre eigenen Aktivitäten zu ersetzen und gleichzeitig dadurch Traditionen und Werte, die ein starker Vater ursprünglich verkörpert hat [und verkörpern sollte] gegen den Feind zu schützen und zu bewahren.“ (84)

Hierdurch kommt es zu einer Umwertung der Werte, einer Art negativer Dialektik:

  • In der Selbstwahrnehmung…

„Die eigene Person wird idealisiert, aus dem Versager von einst, dem Marginalisierten und Perspektivelosen, wird der überlegene Befreier der menschlichen Ehre.“ (357)

  • … und dadurch im gesellschaftlichen Rang:

„Ab sofort gilt nicht mehr der [schwache] Vater, sondern der junge [starke] Terrorist, der bereit ist für seine Ideale im Krieg zu sterben, als das neue Vorbild.“ (85)

Das gilt auch für die IS-Bräute. Eine von ihnen drückt ihre damalige IS-Hochstimmung so aus:

Wir „berauschten uns an dem Gefühl, Teil einer auserwählten Gemeinschaft zu sein.“ (373)

Beibehalten wird dabei das „Fundament der patriarchalischen Macht“ (87) in einem Klima der Angst:

Islamic Angst

Den Autoren zufolge war in der urislamischen Gesellschaft der Tod und damit die Angst vor dem Tod allzeit gegenwärtig. Der Tod markierte die Schwelle zwischen einem stets gefährdeten Leben und dem Jenseits:

„Unterschwellig herrschte eine tiefe Existenzangst in der islamischen [Ur-]Gesellschaft. Diese Angst äußerte sich paradoxerweise in einer Todessehnsucht. Das Verstümmeln der Feinde, das Mitschleppen ihrer Köpfe oder Körperteile, wie Ohren und Nasen, sind nur einige Beispiele dieser krankhaften Morbidität aus dem 7. Jahrhundert. Der Tod war im Leben stets gegenwärtig.“ (405)

Je mehr das Leben als bedrohlich erlebt wurde, desto stärker wurde die Sehnsucht nach dem Gegenteil. Das Jenseits wurde entsprechend aufgewertet und zu einem Sehnsuchtsort. Der Tod wurde und wird gesucht, um das Jammertal des Lebens hinter sich lassen und ins Paradies eingehen zu können. Im Koran heißt es dazu:

  • „und wer Allah und seinem Gesandten gehorcht, den führt Er in Gärten ein, durch die Ströme fließen; darin sollen sie weilen; und das ist die große Glückseligkeit.“ (Sure 4,14; diese Paradiesbeschreibung, nur ausführlicher, findet sich bereits in Sure 2,26)

    und

  • „Sprich: »Wenn die Wohnstatt im Jenseits bei Allah nur für euch ist unter Ausschluss der anderen Menschen [!], dann wünschet den Tod, wenn ihr wahrhaft seid.«“ (Sure 2, 95)

Heute erleben und inszenieren sich die IS-Kämpfer als gottgefällige Krieger. Sie führen Krieg (dschihād) u.a. gegen die eigenen Regierungen. Doch so wie diese setzen auch sie auf Gewalt (gemäß dem Gebot Gleiches mit Gleichem zu vergelten):

„Diktatoren und Militärregimes im Mittleren Osten verzichten nur auf Gewalt, wenn die Schwachen gehorchen. Und die Schwachen gehorchen nur, weil sie Angst vor der Gewalt der Diktatoren haben.“ (259)

Erst aus Angst vor den Mächtigen zeigen die Untertanen

„Ehrfurcht und Respekt. Das erleichtert dem IS, den Menschen seine islamisierte Ideologie nahezubringen, da sie dem alten Erziehungsmuster nicht allzu fremd ist.“ (87)

Um die neue „hierarchische Ordnung“, die Über-Ich– bzw. Gott-Fixierung, anschließend zu zementieren, wird den IS-Kämpfern „jegliche Art von Individualität und Autonomie“verweigert: (88)

„Persönliche Wünsche werden im IS förmlich abgetötet, es geht immer um das Interesse der »Umma«, der islamischen Gesellschaft.“ (88)

Die IS-Anhänger leben zwar aus Kant-ischer Sicht in selbstverschuldeter Unmündigkeit, erleben diese aber als Befreiung:

Selbstunterwerfung als Befreiung (von der Angst)

IS-Anhänger halten an der patriarchlichen Gesellschaftsordnung fest, nur dass sie das Führungspersonal austauschen: Nicht mehr die (eigenen schwachen) Väter, sondern die IS-Herrscher erteilen nun die Befehle. Ihnen haben sich die Kämpfer zu unterwerfen Zur Minderung eigener Angst/Ohnmacht:

„Wer sich unterwirft, braucht keine Angst vor Repressionen oder negativen Konsequenzen zu haben. Die jungen Leute nehmen das [real existierende IS-]System nicht nur als von Gott gegeben hin, sondern sie identifizieren sich damit.“ (88)

IS-Anhänger definieren sich also vornehmlich durch Gegnerschaft, durch Ablehnung. Diese Haltung rechtfertigen sie aus ihrem narzistischen Selbstverständnis (165), aus moralischer Überlegenheit, die sie aus der Gegnerschaft generieren und die ihrer Auffassung nach dadurch gegeben sei, dass nur sie „allein im Besitz der Wahrheit und über alle anderen Menschen erhaben“ seien. (165) Denn sie allein seien die wahren Hüter des Seins: des Islam, nämlich des Ur-Islam als des Ideals des Islam, der von Gott gegründeten und gelebten Ur-Gemeinschaft, also der einzig wahren Gemeinschaft der Gläubigen (umma).

Das Frauenbild des IS

Dem Selbstunterwerfungsgebot gegenüber der IS-Führung korrespondiert das Selbstermächtigungsgebot gegenüber Frauen, insbesondere ungläubigen Frauen wie den Jesidinnen, die zu Sklaven degradiert und als solche gehalten werden.

Empirische Grundlage des Buchs sind, laut Aussage der Autoren, u.a. über 1400 Interviews mit Frauen in IS-Geiselhaft. (206) Einige, besonders drastische Fälle wie es scheint, werden im Buch detailliert geschildert. Doch nicht nur der IS praktiziert sein auf eigenem Minderwertigkeitsempfinden fußendes Frauenverständnis.

Zum Thema Sexualität im Islam schreiben die Autoren unmissverständlich:

„Bis heute ist Sexualität im Islam [allgemein!] stark vom frühmittelalterlichen Vorbild Mohammeds und dessen Frauenbeziehungen geprägt.“ (209; im Original kein Fettdruck)

Und da hilft auch alles Leugnen und Schönreden nicht, ihr Gutmenschen.

„Die Frau gilt als Verführerin, die ihr sexuelles Verlangen schwerer als der Mann zügeln kann.“ (213) Hieraus resultiere, „dass die Frau ihre Weiblichkeit verbergen muss, damit der Mann ihr nicht zum Opfer fällt.“ (214)

Also: Im Grunde müßte mann/frau den Islam als solchen auf die Coach legen…

Selbstaufwertung durch exzessive Gewalt

Aggression erleichternd wirkt auf die IS-Klientel also, dass sie sich in einer Bedrohungssituation wähnen, bzw. faktisch (aufgrund des von den USA ausgerufenen war on terror) sogar sind, z.B. durch die Besetzung Afghanistans und Iraks durch die USA, die – und dazu scheint ihnen jedes Mittel recht zu sein – eine andere, un-islamistische Gesellschaftsordnung anstreben. (92)

Als innere Feinde sieht der IS also die schwachen Väter und die Nicht-Sunniten; als äußere Feinde sieht er die Kreuzritter, die die muslimische Welt erneut besetzen und unterjochen wollen. Aus der erlebten Schwäche (der Väter) heraus und um diese zu kompensieren entwickelt die Terrormiliz „Wut und Hass auf die Ungläubigen und Kreuzfahrernationen“: (351)

„die Grausamkeit soll wie ein Medikament gegen die[… erlebte] Kränkung helfen.“ (352)

Auch der IS strebt die Endlösung an.

„Die Vernichtung richtet sich dabei selektiv gegen jene Personen, die sich dagegen [gegen die Rückkehr zum Ur-Islam] wehren. Wie zu Zeiten des Propheten Mohammed in Medina legitimiert der IS diese rohe Gewalt gegen Andersgläubige und Andersdenkende.“ (95)

Klar und deutlich sprechen die Autoren aus, was unsere Islamverbände und all die in ihrer Multikulti-Höhle gefangenen Gutmenschen wider alle Fakten nicht wahrhaben wollen, dumm-dreist leugnen:

„Leider aber ist schon seit der Entstehung des Islams ein tiefes und fundamentales Gewaltpotenzial im strukturellen Kern dieser Religion angelegt.“ (162)

Allein in Sure 2 des Koran ist im Grunde nur, ausschließlich von gottesfürchtigem vs. frevelhaftem Handeln die Rede und von (qualvoller bzw. demütigender) Strafe des Feuers gegen die Ungläubigen und Frevler in 27 der 287 Verse explizit die Rede (Verse 8, 11, 25, 40, 82, 86, 87, 91, 97, 105, 115, 127, 160, 162, 163, 166, 167, 168, 175, 176, 179, 202, 207, 212, 218, 258, 276).

Insbesondere die immer wieder gern bemühte Floskel des ach so friedlichen, friedvollen und friedliebenden Islam ist schlechthin Euphemismus pur:

„Im Islam ist die Geschichte der Enthauptungen so alt wie die Religion selbst. So soll Mohammed in seiner ersten Biografie »As-sîra an-nabawiyya« laut Ibn Ishaq (704-768 n. Chr.) und anderer Autoren offenbart haben, dass nach der Schlacht in Medina bis zu 900 Gefangenen der Kopf abgeschlagen wurde. Die meisten Enthauptungen soll Ali, Schwiegersohn des Propheten Mohammed, vollzogen haben.“ (247; im Original kein Fettdruck)

Die Autoren zitieren zudem eine Stelle aus der Sure Mohammad, in der es heißt:

„Begegnet ihr im Krieg Ungläubigen, schlagt ihnen die Köpfe ab (…) wenn Allah wollte, hätte er sich auf andere Weise an ihnen gerächt [Gebot der Blutrache!]; er will aber damit die einen von euch durch die anderen prüfen. Und diejenigen, die auf Allahs Weg getötet werden, wird er ihre Werke nicht fehlgehen lassen.“ (Sure 47,5; zitiert nach Kızılhan u. Cavelius, 248)

Später zitieren die Autoren auch den Vers:

„Und tötet sie (die Ungläubigen), wo immer ihr sie trefft…“ (Sure 2, 191; zitiert nach Kızılhan u. Cavelius, 406)

Pathologisch wird die Aggression zudem, wenn sie sich zu einer appetitiven steigert:

„Diese Form der Aggression muss sich nicht immer durch Angst und Bedrohung rechtfertigen, sondern entsteht unter anderem auch durch Lustempfinden. […] Je deutlicher Menschen in einer an Glücksmomenten armen Umwelt merken, dass Gewalt ihnen zu einem Überlegenheitsgefühl und einem Lustgewinn verhilft, desto häufiger werden sie diese Aggression ausüben und desto eher suchen sie diesen erregenden Zustand“. (93)

Das Köpfen wird im IS gar zum alleinigen Wertmaßstab eines „Kämpfers“:

„IS-Emir ist automatisch derjenige geworden, der mindestens sechzehn Menschen geköpft hatte.“ (277)

Nicht zuletzt durch die Auszeichnung von Gewalt gegenüber anderen gelingt es denen, die sich als unterdrückt empfinden, „sich aus der eigenen Bedeutungslosigkeit in die Position des Mächtigen zu katapultieren.“ (348)

Fazit

Die Psychologie des IS ist eine Psychologie des Ur-Islam, wie er insbesondere im Koran verfasst wurde. Und da der heute praktizierte Islam lediglich ein abkünftiger Modus des Ur-Islam ist, zeigt der gelebte IS-Islam paradigmatisch auf, was uns droht, wenn wir den islamistischen Tendenzen, die sich u.a. auch aus Gutmenschentum und political correctness bei uns breit machen, (immer weiter) nachgeben. Dies lässt sich in Samuel Schirmbecks Der islamische Kreuzzug und der ratlose Westen, au détail nachlesen…

„In Deutschland leben so viele Salafisten wie nie zuvor“

Frog1Eckart Lohse, In Deutschland leben so viele Salafisten wie nie zuvor, faz.net, 10.12.2017

Mona Jaeger, „Deutsche Leitkultur nicht identifizierbar“, faz.net, 31.8.2017

„Die Zahl der Salafisten in Deutschland ist weiter gestiegen. Nach Angaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) liegt sie derzeit bei 10.800 Personen. Im September hatten die Verfassungsschützer noch 500 Salafisten weniger gezählt, vor einem Jahr lag der Wert bei 9700, vor sechs Jahren noch bei weniger als 4000. BfV-Präsident Hans-Georg Maaßen sprach in Berlin von einem „Allzeit-Hoch“. Das zeige die „anhaltende Attraktivität der salafistischen Ideologie“.

[Woher kommt das bloß??

Nicht nur, dass viele unserer türkischen Mit-Bürgerinnen und MitBürger (ehrlicher, aber politisch inkorrekt: Neben-Bürgerinnen und Neben-Bürger) nicht integriert sind, sondern – der Multikulti-Ideologie der Bundesregierung sei (mit) dank – sich mittlerweile pudelwohl in ihren staatlich gehätschelten Parallelmilieus bewegen.

Nein: Mutti sieht es als ihre Meta-Christenpflicht – da das Christentum in Deutschland im Aussterben sei – sich dem Islam – der das Christentum in Deutschland zu beerben scheine – hörig zu machen. So machte sie das SPD-Gewächs Aydan Özoğuz, eingebürgert 1989, das bekanntlich bekennende Islamisten zu Brüdern hat, zu ihrer und damit unser aller Integrationsbeauftragten. Seitdem heißt es, der Islam sei eine Bereicherung für Deutschland. Nicht die Zugereisten, sondern wir müßten uns anpassen: Boko haram! Wir kuffar müßten endlich einseh‘n: Sie, die muslimischen Zuwanderer, bringen uns das Heil, auf dass wir es freudig begrüßen: Kein Schweinefleisch mehr! Umkleidekabinen gesondert für muslimische und nicht-muslimische Jungs! Kein gemeinsamer Schwimmunterricht für Mädchen und Jungs! Keine gemeinsamen Schulfahrten für Mädchen und Jungs! Kopftuch für Mädchen und Frauen! Kinderehe!

Ist doch unsere Kultur eine Un-Kultur. Hat doch, laut Özoğuz, unsere Kultur nichts vorzuweisen, außer Deutsch – als Sprache.

Özoğuz:

„Eine spezifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifizierbar.“

Ist doch klar: Wir Kulturlosen brauchen die muslimischen Zuwanderer zur Bereicherung: Sie sind es, die uns Banausen Kultur beibringen: Müslüman kültürü! Küsst ihnen den Arsch, ihr kuffar!

Ist doch klar: dass, wie Mona Jaeger schreibt, über Özoğuz‘ Satz „nur wenig gesprochen“ wurde. Diese ihre Auffassung ist schließlich mainstream. Wer das Gegenteil behauptet: dass deutsche Kultur mehr sei als nur deutsche Sprache, ist doch per definitionem rechts, gehört zu den Bösen. So wie der böse, böse AfD-ler Alexander Gauland: Der und seinesgleichen, die sind doch alle nur Pack, alles nur Deutschtümler, Nazis, Ewig-Gestrige, Rassisten…

Ach, wie ist die Welt doch so schön (und) einfach, wenn man/frau tumb ist und (pseudo-)links.]

Die Behörde beobachtet in der Salafisten-Szene einen Trend zum Rückzug aus der Öffentlichkeit ins Private. Sogenannte Straßenmissionierung, die öffentlich sichtbar sei, finde nur noch selten statt. Das sei mutmaßlich auch eine Folge staatlicher Ermittlungserfolge, heißt es seitens des Bundesamtes.

[Na ja, wer’s glaubt…]

„Die Radikalisierung findet weniger in Moscheen oder in größeren überregionalen salafistischen Organisationen, sondern in kleinen, konspirativen Zirkeln und vor allem im Internet statt“, geht aus einer Mitteilung des BfV hervor. Häufiger bildeten sich Netzwerke von Frauen heraus, zu den[en] die Nachrichtendienste nur schwer Zugang hätten.

[Frauen-Power! Endlich! Hurrah!]

Maaßen sprach von einer „Fragmentierung und Privatisierung“ des Salafismus in Deutschland. „Das ist eine besondere Herausforderung für den Verfassungsschutz.“

Eine erhebliche Bedrohung geht nach Einschätzung des BfV von Islamisten aus dem Nordkaukasus aus.

[Wie?? Sind die denn nicht auch Bereicherung?]

Deren „Affinität zu Gewalt und Waffen“ erfordere die Aufmerksamkeit der deutschen Sicherheitsbehörden, sagte Maaßen. „Extremistische Nordkaukasier waren, neben dem Tschetschenienkrieg in ihrer Heimat, aktuell auch an den Kämpfen in Syrien und Irak maßgeblich beteiligt. Sie sind kampferprobt und stellen ein hohes Gefährdungspotenzial dar“, sagte Maaßen.“ (Im Original kein Fettdruck im Text, nur zu Beginn der erste Buchstabe)

Gefährdung? Wieso Gefährdung? Das sind doch die Guten, unsere Befreier. Die bringen uns kuffar endlich auf Linie. Sie lösen unsre Fesseln und führen uns Gefangene aus unserer Höhle des Unglaubens, aus unserer selbst verschuldeten Unmündigkeit endlich ans Licht, endlich. Seit Platon warten wir und seine ihm nachgefolgten Verkünder der Vernunft wie der Selbstüberwindung des Menschen, wir alle, wir Delphier, sehnsuchtsvoll darauf, nur darauf: Auf dass wir endlich erkennen und einsichtig werden mögen:

γνῶθι σ’αυτόν:

Die Antwort auf all unsere Fragen, hier ist sie, endlich:

Boko haram!

„Allah ist der Freund der Gläubigen: Er führt sie aus den Finsternissen ans Licht. Die aber nicht glauben, deren Freunde sind die Verführer, die sie aus dem Licht in die Finsternis führen; sie sind die Bewohner des Feuers; darin müssen sie bleiben.“ (Sure 2, 258)

„Sprich zu denen, die ungläubig sind: „Ihr sollt übermannt und in der Hölle versammelt werden; und schlimm ist die Ruhestatt!““ (Sure 3, 13)

Frog4