Anschlag in Berlin: „Merkels Tote“

Frog1(Polizei prüft Tweet von AfD-Mann Pretzell, WELT online, 21.12.2016)

(tagesschau 23.12.2016 20:00 Uhr)

(Bettina Schön, Tod in Mailand – Terrorverdächtiger erschossen, Brennpunkt, ARD, 23.12.2016)

(Mutmaßlicher Attentäter von Berlin in Mailand erschossen, tagesthemen, 23.12.2016)

(Olaf Wedekind, Flüchtlinge in Berlin: Rot-Rot-Grün plant Abschiebe-Stopp, Berliner Zeitung (BZ) online, 3.11.2016)

(Giovanni di Lorenzo u. Heinrich Wefing, Es ist eine nationale Aufgabe, ZEIT, 29.12.2016, 1)

(P. Dausend, F. Klask, M. Klingst, Y. Musharbash u. Marco Ansaldo, Der geduldete Gefährder, ZEIT, 29.12.2016, 3)

Zunächst war man/frau sich mal wieder einig: Die böse, böse AfD habe eine populistische Brandrede gehalten:

„Noch bevor die Hintergründe des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt in Berlin bekannt waren, hatte der AfD-Landesvorsitzende in Nordrhein-Westfalen, Marcus Pretzell, sein Urteil gefällt: „Es sind Merkels Tote“, schrieb der Lebensgefährte von Parteichefin Frauke Petry auf Twitter. Eine Provokation, die nach dem üblichen Reizmuster der Rechtspopulisten [Das heißt: Es gibt auch Linksextremisten!!…] abläuft und die bei vielen Politikern Abscheu hervorgerufen hat. Nur diesmal könnte die bewusste Grenzüberschreitung von Pretzell Konsequenzen haben. Ebenfalls auf Twitter kündigte die Münchner Polizei an, Pretzells „Tweet strafrechtlich prüfen“ zu lassen.“ (Welt; im Original keine Hervorhebungen)

Zwei Tage später tönt es dann aus dem linken (linkspopulistischen??) Lager:

„Wenn sich jemand proaktiv selbst als Selbstmordattentäter anbietet, den dann aus den Augen zu verlieren, den nicht so einzustufen, dass man ihn in Gewahrsam nimmt, dann ist man mit schuld an zwölf Toten. Das muss man so deutlich und so scharf sagen.“

Ob dieser Rhetor, Frank Tempel, Fraktion Die Linke, der sich (in den tagesthemen, 23.12.2016) so äußerte, wohl auch damit rechnen muss, dass seine Äußerung strafrechtlich geprüft wird??

Viel interessanter als das Messen mit zweierlei Maß aber ist das, was der Fall selbst offenbart:

Eklatanter Mangel an Professionalität

Brennpunkt-Moderator Sigmund Gottlieb urteilt:

„Es waren ein glücklicher Zufall und der Mut italienischer Polizisten, die dem mutmaßlichen Terroristen von Berlin das Handwerk legten. […] Das Ende der Flucht von Anis Amri war alles andere als das Resultat professioneller Ermittlungsarbeit.“

Das Versagen der Sicherheitsorgane decken u.a. Sebastian Kemnitzer und Ahmet Şenyurt in ihrem Brennpunkt-Beitrag auf. Sie zitieren aus geheimen Ermittlerakten:

„30.11.2015

Laut Mitteilung des BKA […] hat sich AMRI einer eingesetzten Vertrauensperson (VP) [des Verfassungsschutzes] als potentieller Attentäter angeboten. AMRI gibt an, dass er Kalaschnikows besorgen könnte.“

und

„24.02.2016 bis 22.03.2016

„AMRI verlässt Dortmund und begibt sich erneut nach Berlin. Er wird durch die VP gefahren und macht Angaben dazu, dass sein Auftrag sei, im Sinne von Allah zu töten […] In Berlin besuch AMRI die Fussilet Moschee, welche als extremistisch gilt. AMRI wird durch Kräfte der Berliner Polizei observiert.“

Wer ihnen die wohl zuspielte??

Wie brisant das Behördenversagen im Fall Amri ist, zeigt Ingrid Bertram in ihrem Brennpunkt-Bericht auf: Amri ist nur einer aus weit über 500 islamistischen Gefährdern:

„549 Gefährder gibt es derzeit in Deutschland [laut Bundesinnenministerium. …] Gerade in den vergangenen drei Jahren hat sich die Zahl mehr als verdoppelt. [250 waren es Ende 2014, 450 Ende 2015, 549 Ende 2016]. […] Ein Großteil der Gefährder lebt in Nordrhein-Westfalen.“

(Die rot-grüne Landesregierung ist dafür bekannt, alles zu tun, um Multikulti zu fördern…)

Ahmet Şenyurt macht zudem deutlich, warum die Justiz der Exekutive mal wieder keine Hilfe war:

„Die besten Ermittler bringen es letztendlich nicht so weit, wenn die Justiz nicht mitzieht, wenn Staatsanwälte wie zum Beispiel der [Berliner] Generalstaatsanwalt in der Presserklärung sagt: »Wir haben den Fall zu den Akten gelegt, weil in der Phase, in der er [Amri] observiert wurde, keine Straftaten vorlagen.« Das zeigt, wo wir mit dem Rechtsstaat an die Grenzen kommen.“

„Ich hab‘ heute noch mit Ermittlern aus der Szene gesprochen. Die sagen, wir wussten ganz genau, es gab Straftaten: Passverstöße, Verstoß gegen Sozialhilfegesetz. Man hätte ihn festsetzen können, aber es fand sich eben kein Richter.“

Warum?? Das ist Berliner Gutmensch-Politik: Anfang November erst verkündete die Berliner (Neu-)Regierung, keine/n abgelehnten Asylbewerber/in mehr abschieben zu wollen und feierte dies als humanitäre Großtat: Grünen-Verhandlungsführerin Bettina Jarasch (47):

„Wir erweitern damit unsere Spielräume für eine humanitäre Politik.“

Hoch lebe der Wegschau-Willkommens-Schmusekurs!! (Gefährder wie Amri sind doch eigentlich herzensgut liebe Menschen…)

In der Tagesschau aber fragt Richard C. Schneider weiter:

„Wie war es möglich, dass Anis Amri zwei nationale Grenzen mit einer Waffe überqueren konnte, ohne irgendwo kontrolliert zu werden?“

Und dann das Finale: In Italien. Tata!Giovanni di Lorenzo und Heinrich Wefing schreiben dazu:

„(es ist ein böser Treppenwitz der Geschichte, dass Amri in Italien gleich der erstbesten Streife aufgefallen war).“

Tja, scheint, dass die von Deutschen verachtete italienische Polizei in Wahrheit weniger dilettantisch zu sein scheint als die deutsche…

Und noch ‚was wurde mal wieder evident: Unter den Flüchtlingen sind viele, die nicht so lieb und so süß sind, wie uns unsere naiv-dümmlichen Gutmenschen an den Fakten vorbei (hier: Fall Amri), andauernd einreden wollen. Das kommt davon, wenn man/frau pauschal all die zu hunderttausenden nach Deutschland Wollenden zu ach so armen, ach so traumatisierten, ach so friedvollen und lieben Flüchtlingen deklariert. Wieso also regt ihr Gutmenschen euch jetzt auf??

Doch nicht nur die willkommensenthusiastischen Gutmenschen, auch die deutschen Geheimdienste scheinen gutmenschlich verweichlicht und daher an konsequenter Verfolgung nicht sonderlich interessiert zu sein. Oliver Köhr urteilt:

„Kein Wort von de Maizière zu dem Vorwurf, der marokkanische [??] Geheimdienst habe im Herbst 2015 zweimal explizit vor Amri gewarnt.

[„Nach Informationen der ZEIT wurden alle Sicherheitsbehörden des Bundes [nachträglich] darüber unterrichtet, das erste Mal Mitte September 2016.“ (Dausend u.a.; im Original kein Fettdruck)]

Und auch zum Kontakt des Tunesiers zum sogenannten Islamischen Staat schweigen die Behörden. Dabei taucht heute ein Video auf, das Amri in Berlin zeigen soll und in dem er sich zu den Zielen des IS bekennt.“

Fazit:

„Der Ruf nach Konsequenzen nach dem Fall Amri macht deutlich: Es gibt erhebliche Lücken im System, die es islamistischen Terroristen leicht machen, sich in Deutschland und Europa aufzuhalten und zu bewegen.“

Am schlimmsten an diesem Befund ist, dass dies gutmenschlich(-pathologisch) gewollt zu sein scheint…

Frog4

Giovanni di Lorenzo, AfD-Versteher

Frog1(Giovanni di Lorenzo, Die Allmacht der Grünen, ZEIT, 22.9.2016, 1)

(Julia Löffelholz, Wirklich alles unter Kontrolle?, ZEIT, 22.9.2016, 5)

Ja, was ist denn da passiert?? Gutmensch Giovanni di Lorenzo zeigt ansatzweise Verständnis für AfD-Wähler:

„Es kann also niemanden ernsthaft verwundern, dass schon lange Raum frei geworden war für eine neue politische Gruppierung, die nun selbst im rot-alternativen Berlin aus dem Stand fast so viele Stimmen holte wie die Grünen. Die haben mit der Rettung unserer Welt immer noch ein Menschheitsthema auf ihrer Seite, aber die AfD bedient sich eines nicht minder starken Menschheitsreflexes: der Abwehr des Fremden, der Überforderung durch zu viel Neues.“ (im Original kein Fettdruck)

Di Lorenzos Ausgangspunkt ist eine Überlegung, die in diesem Zusammenhang — zunächst — zumindest unerwartet kommt:

„Es gibt einen roten Faden, der den kommunistischen Theoretiker Antonio Gramsci, die Grünen, Angela Merkel und die AfD miteinander verbindet“. (im Original kein Fettdruck)

Genauer:

„Wenn eine Gruppe die Macht wolle, argumentierte Gramsci in seinen berühmten Gefängnisheften, müsse sie zuvorderst den Kampf um die Köpfe gewinnen, ihre Weltanschauung müsse sich zum Beispiel in der Presse, in den Schulen, in der Kirche, bei den Intellektuellen als die überzeugendste durchsetzen.

Diese Theorie machte unter dem Begriff »kulturelle Hegemonie« eine steile Karriere, auch wenn Gramsci selbst ihn nie verwendet hatte.“ (im Original kein Fettdruck)

Die derzeit manifeste Hegemonie sei grün:

„Bis heute sind die Grünen eine kleine Partei geblieben, aber ihre Anliegen haben das ganze Land politisch und gesellschaftlich durchdrungen.“

Man/frau denke nur an Merkels Kehre: Atomausstieg, Ende der Wehrpflicht…

„Parteipolitisch erklärt das, warum die Grünen heute mit so gut wie jedem koalieren können“.

Doch im Untergrund rumort(e) es:

Es „gab […] Immer auch Menschen, die das alles mit Unverständnis, mit Ratlosigkeit und schließlich mit wachsender Wut zur Kenntnis nahmen. Es fanden sich für sie zwar Ventile, etwa im Netz, aber kein nennenswertes politisches Sprachrohr.“

Mit Pegida und AfD brach sich das Unbehagen bahn, eruptierte und wurde sichtbar:

Eine Gegenhegemonie, um noch einmal auf Gramscis Theorie zurückzukommen, breitet sich aus, die lange unvorstellbar schien: der Vormarsch populistischer und rechter Bewegungen überall in Europa, inzwischen auch in unserem Land.“ (im Original kein Fettdruck)

Auslöser waren und sind die diversen Krisen: Zuletzt und am wirkmächtigsten die unkontrollierte und ungezähmte Flutung Deutschlands mit Illegalen aus den faield states des Orients, vornehmlich sunnitischer Provenienz:

„Das Ganze geriet erst aus den Fugen, als ausgerechnet die Verkörperung konservativer Vernunft, nämlich die CDU-Kanzlerin, die Grenze für Flüchtlinge öffnete – wie sie in dieser Woche selbst einräumte: zeitweilig

[Welch Euphemismus!! Nur vier Seiten weiter heißt es in derselben Ausgabe der ZEIT: „Die ZEIT hat in Bayern recherchiert […]. Das Ergebnis: Es wird [an den Außengrenzen] kontrolliert, aber [selbst derzeit] nur ein bißchen.“ (5)]

unkontrolliert. Und plötzlich gab es im Parlament keine einzige Partei mehr, die zu dieser Entscheidung in Opposition stand.“

Die AfD als Sammelbecken der sprachlos Unzufriedenen:

Die AfD „ist […] eine Herausforderung für das ganze Parteiensystem geworden: Sie enttabuisiert, sie radikalisiert, sie vergiftet, aber sie stellt auch einige Fragen, die sich die Etablierten gefallen lassen und die sie beantworten müssen, wenn sie zu alter Stärke zurück finden wollen.“

So ist es. (siehe u.a. Merkels Mammutaufgabe) Doch so lange (fast) all unsere Meinungsmacher sich in ihrer grenzenlosen Selbstgefälligkeit und Selbstbeweihräucherung als die Kämpfer gegen das total Böse gegenseitig abklatschen und bejubeln, wird die Wut der als schlechthin bös‘ verteufelten andern nicht verschwinden, im Gegenteil: Sie wird wachsen…

Frog4